Für
den 22. Mai hat die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und
Energie (IG BCE) dazu aufgerufen, um 16 Uhr am Oberkirchplatz
in Cottbus die Stimme für die Braunkohle in der Lausitz zu
erheben. Die Heimatzeitung sprach mit dem stellvertretenden Vorsitzenden
der IG BCE, Ulrich Freese, darüber, ob es keine Alternative
zur Kohleverstromung gibt.
Herr Freese, auf Plakaten steht, dass die Lausitzer am 22.
Mai laut werden sollen. Wer soll sie hören?
U. Freese: Am Tag nach der Demonstration wird in Cottbus der
Braunkohleausschuss des Landes zur Erweiterung des Teilfeldes
II in Welzow-Süd Stellung nehmen. Die Demonstration
richtet sich an politische Entscheidungsträger.
Im Kern geht es also um den Erhalt der Braunkohle?
Ja. Egal wo ich hinkomme, wird die Sorge an mich herangetragen,
dass mit der Braunkohle ein wichtiger Anker für die Wirtschaft
verloren gehen kann und somit die Zukunftsperspektiven in Gefahr
sind.
Sind die Lausitzer wirklich so große Braunkohlefreunde?
Ich lebe ja hier in der Region und spreche die Menschen auch an.
Egal ob die Blumenfrau oder der Bäcker - drei von vier Bürgern
sind für die Braunkohle.
Warum ist das so?
Die Menschen haben nach der Wende mit angesehen, wie die Textilwirtschaft,
die Landwirtschaft oder die Glas- oder Keramikindustrie sich zurückentwickelt
haben. Die Enkel, unsere Kinder der Lausitz, werden heute in Hamburg,
München oder in Stuttgart geboren.
Es führt also kein Weg um die Braunkohle herum?
Ich habe mich darauf eingelassen, die Kohle als Brückentechnologie
zu bezeichnen. Ich bin ja kein Dogmatiker. Aber die Brücke
muss auch tragfähig sein und heute kann noch niemand sagen,
wann das regenerative Zeitalter vollständig erreicht ist.
Was wäre für einen solchen Beginn von Nöten?
Dazu müsste 365 Tage im Jahr regenerative Energie zu wettbewerbsfähigen
Preisen zur Verfügung stehen.
Sie sagen, die Braunkohle ist der Schlüssel für die
industrielle Entwicklung der Region. Gibt es keine anderen Türen,
Schlösser und Schlüssel?
Klar, wir haben etwa die Papierfabrik in Spremberg, den Chemiestandort
in Schwarzheide oder ein Glaswerk in Drebkau und viele andere
Unternehmen, die auch Perspektiven schaffen. Aber die Braunkohle
ist der Anker, an den sich neue Unternehmen andocken. Wo es keine
jungen Leute und somit keine Fachkräfte gibt, siedelt sich
auch kein Unternehmen an.
Was kommt aber nach der Braunkohle?
Wir haben heute gute Forschung in Senftenberg und Cottbus. Die
Ideen, seien es Leichtbauflugzeuge oder neue Antriebsideen für
Autos, müssen hier in der Lausitz auch in die Praxis umgesetzt
werden.
Ist Klimaschutz für Sie eine Nebensache?
Die Kraftwerke in der Lausitz sind modern und werden immer effizienter.
Von dieser Weiterentwicklung der Kraftwerke profitiert das Klima,
da diese Entwicklung dann weltweit eingesetzt wird. Es ist doch
ein Irrglaube, dass Deutschland, das weltweit 2,8 Prozent des
CO2-Ausstoßes produziert, mit einem Ausstieg aus der Braunkohle
das Klima beeinflussen kann. Wir können aber durch die Weiterentwicklung
der Kraftwerke weltweit einen Beitrag leisten.
Was sagen Sie den vom Bagger betroffenen Bürgern?
Ob Straßen- oder Flughafenbau - Betroffene gibt es immer.
Ich appelliere an das Verständnis und die Einsicht der Betroffenen,
die immer ein volles Mitspracherecht bei der Ortsauswahl zur Umsiedlung
haben sollten.
Wie kam es dazu, zur Demonstration für Braunkohle aufzurufen?
Der Urgedanke entstand durch die Diskussion über das Kreisentwicklungskonzept.
Hier gab es ein paar Einwendungen gegen den Braunkohletagebau.
Da fragten wir uns: Wann melden wir uns mal zu Wort? Unsere Gewerkschaft
sammelte 6000 Unterschriften. Aber dabei wollten wir es nicht
belassen. Wir, ein breites Netzwerk der Region, möchten,
dass die schweigende Mehrheit, welche für die Braunkohle
ist, sich lautstark zu Wort meldet und zeigt, dass die Region
hinter der Kohle steht.
Es fragte Mathias Klinkmüller
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Um junge Menschen und Industrie in der Region zu halten, und wettbewerbsfähige
Strompreise zu garantieren, ist für den Gewerkschafter Ulrich
Freese der weitere Abbau von Braunkohle ohne Alternative
Foto: M. Klinkmüller
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