Cottbus
(Hnr.) Spätestens seit dem sommerabendlichen Modellstadt-Spaziergang
vor einigen Wochen sind die Melde-Höfe in aller Munde. Nicht
weit vom Theater und der Stadtmitte wandelte sich ein Wohn-Industrie-Mischgebiet
zu einer malerischen Wohnlage mit neuen Stadtvillen, umgenutzten
Fabriken, erhaltenen Großbäumen und teils individuell,
teils gemeinschaftlich genutztem Wohngrün. Der neue Gustav-Melde-Weg
zieht sich von der August-Bebel- zur Karl-Liebknecht-Straße
als asphaltierte Wohnstraße mitten hindurch. An seiner Ostseite
erhebt sich, jetzt noch sehr kompakt wirkend, das Fabrikgebäude
des traditionsreichen Melde-Unternehmens. In seinen langgestreckten
einstigen Produktions-Etagen war letzten Sonntag munteres Leben.
Viele Cottbuser kamen, meist in Familie, um zu sehen, wie hier
das Wohnen für Individualisten gedacht sein könnte.
Der Reiz derartiger Umbau-Wagnisse besteht immer darin, aus Gegebenem
ganz anderes zu entwickeln, als es üblicherweise unter dem
Diktat der Wirtschaftlichkeit auf Reißbrettern entworfen
wird. Weite Grundrisse ergeben sich hier (Wohnzimmer bis 55 Quadratmeter,
mit offener Küche fast 80 Quadratmeter, Terrassen bei 14
Quadratmetern) und sonst selten übliche Raumhöhen bei
3,40 Meter. Bei Fußbodenheizung überall sind
solche Höhen gar kein energetisches Problem, sagt Bauherr
Helmut Rauer. Aber er könne doch individuell die Decke abhängen,
erkundigt sich ein Besucher. Die Antwort: Könnte schon, aber
dann müsste am Fenster eine Aussparung in der Zwischendecke
sein, denn eine der Innen-Ideen heißt Viel Licht!.
Traumhaft, diese zentrale Lage ohne Verkehrslärm-Störung,
die Raummaße, die Freiheit fühlbar machen, die Gewissheit,
hier unter Menschen mit Phantasie zu wohnen. Gleich neben dem
derzeitigen Baustellen-Zugang hat schon der Maler Günther
Rechn seine Wohnung. Die Kiebitzer trafen ihn nicht an, weil seine
Neugier in jenen Stunden dem Töpfermarkt galt (auch der war
bequem zu Fuß zu erreichen). So bewunderten die Besucher
das originelle Gärtchen des Malers mit kleinen Wasserbecken
und vielen Stauden. Auch die künftigen Melde-Fabrikanten
werden ihren Grünen Daumen unter Beweis stellen können.
Manche haben große Terrassen, die im Erdgeschoss bekommen
Hausgärten. Wenn dann jemand seine Schwarzen Johannisbeeren
mit Rum aufgießt, sind die alten Likördüfte zurück
im Gemäuer.
Diesen Blick nach Osten werden Eigentümer der oberen Etage
der alten Melde-Fabrik haben. Malerisches Cottbus präsentiert
sich aber auch nach den anderen Seiten und aus anderen Etagen,
denn das nahe Umfeld der berühmten Schnapsbrennerei ist gewachsene
Stadt von besonderer Eigenart. Ergeschossmieter haben Hausgärten
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Schon seit zehn Jahren ist der Bauherr Eigentümer dieses
Melde-Baukörpers und trägt die Ideen vom Wohnungstraum
mit sich rum. Andere Aufgaben nahmen sich den Vorrang. Jetzt aber
entwickeln Visonen am Gustav-Melde-Weg wirkliche Formen. Die Grundrisse
auf vier Etagen begeistern
Hier wurden der Cottbuser Korn, Halb und Halb,
Spreewaldbitter oder der Cottbuser Saure
abgefüllt. Fast 20 Jahre ist das her. Jetzt entstehen Wohnungen
mit viel Luft und Licht. Die roten Linien an der Mauer rechts
zeigen die vorgesehene Fenstergröße. Wer hier einmal
wohnt (vorn schon vergeben) hat Raum, seine Träume zu leben
Fotos: J. Heinrich
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