Region (mk). Melanie Gassan versteht das
nicht. Ihr Kind Angelina (10) ist mehrfachschwerstbehindert und
geht auf die Forster Wichern Schule, die den sonderpädagogischen
Schwerpunkt geistige Entwicklung hat. In den Ferien erhielten
sie und andere Mütter einen Brief vom Kreis, das künftig
die Stunden für die Einzelfallhelfer reduziert werden sollen.
Das sorgt bei Eltern, Lehrern und den Einzelfallhelfern gleichermaßen
für Kopfschütteln.
Vom Windelwechsel, dem Füttern der Kinder, dem Toilettentraining
bis hin zum Transport innerhalb der Schule reicht das Aufgabenspektrum
der Einzelfallhelfer. Die Lehrerin ist allein mit zehn Kindern.
Die Kinder ohne Einzelfallhelfer zu fördern ist unmöglich,
sagt Melanie Gassan. Sie weiß, dass ihr oder ein anderes
Kind plötzlich nicht mehr ruhig in der Klasse sitzen kann
und dann Zuwendung braucht. Sie weiß, dass ein Kind zur
Toilette geführt werden muss. Was sie nicht weiß ist,
wie das ein Lehrer ohne die Einzelfallhelfer bewerkstelligen soll,
ohne dass die Förderung der anderen Kinder darunter leidet.
Eine Lehrerin, die nicht genannt werden möchte, erklärt,
dass sie von zehn Kindern vier Kinder in der Klasse hat, die gefüttert
werden müssen. Dass sie ohne die Hilfe der Einzelfallhelfer
eine spezielle Förderung hinbekommt, glaubt sie nicht. Es
hat etwas mit Menschenwürde zu tun, dass sich um diese Kinder
gekümmert wird, sagt sie.
Zum Redaktionsschluss konnte der Spree-Neiße-Kreis noch
keine Stellung zu den Vorwürfen der Schule, welche Kinder
mit Behinderungen aus der ganzen Region unterrichtet, nehmen.
Silke Rothe ist ebenfalls Mutter. Ihr neunjähriger Robin
ist schwerstbehindert. Sie sagt, dass der Kreis die Kürzung
damit begründet hat, dass die Kinder ja auch Fortschritte
machen. Körperlich geht es bei diesen Kindern nicht
vorwärts erklärt sie und versteht nicht, warum
nun an den Schwächsten gespart werden soll. Auch die Cottbuser
Schüler sind betroffen. Für diese Kinder sind die Einzelfallhelfer
nur bis zu den Herbstferien genehmigt worden. Insgesamt gibt es
an der Wichern-Schule derzeit 12 Einzelfallhelfer, die sich jeweils
um ein schwerstbehindertes Kind kümmern.
Diese betreuen die Kinder 33,5 Stunden die Woche, während
die Lehrer für 26 Stunden an der Schule sind. Gegen die geplante
Kürzung der Einzelfallhelfer-Stunden haben die Eltern nun
Einspruch eingelegt. Sie laden die zuständigen Sachbearbeiter
zur Besichtigung der Schule ein, damit diese erkennen, das hier
Förderunterricht ohne die Einzelfallhelfer nicht möglich
ist.
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Angelina (2.v.r.) braucht alle zwei Stunden
einen Lagerungswechsel, muss gefüttert und gewindelt werden.
Ihre Mutter Melanie Gassan (3.v.r.) versteht nicht, warum nun
die Stunden für die Einzelfallhelfer, welche diese Leistungen
erbringen, gekürzt werden sollen Foto:
M.K.
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