Cottbus (MB). Dr. Alexander Gauland ist stellvertretender
Sprecher der Alternative für Deutschland (AfD). Der Jurist
war Herausgeber und Geschäftsführer der Märkischen
Allgemeinen Zeitung in Frankfurt. Mit der Heimatzeitung sprach
das einstige CDU-Mitglied über Ziele der AfD.
Herr Gauland, Sie sind ja auch Kolumnist. Mal gesponnen: Sie
gewinnen mit der AfD die Wahl. Was wäre nach 100 Tagen Regierungsarbeit
die Schlagzeile, die Sie in der Zeitung lesen wollen?
A. Gauland: Euro-Rettung zu Ende. Deutsches Steuergeld
wieder für deutsche Aufgaben.
Deutschland geht es wirtschaftlich so gut wie nie. Wofür
braucht der Bürger nun die AfD als Alternative?
Dass es uns gut geht, hat mit dem Euro nichts zu tun. Die Probleme
des Euro kommen noch auf uns zu. Griechenland kann das Geld nicht
zurückzahlen. Also werden wir zahlen müssen. Es wird
uns bald nicht mehr so gut gehen. Dass es Schwierigkeiten geben
wird, ist bei den Menschen im Portemonnaie noch nicht angekommen.
Erkennen Sie das als ein großes Problem für die
AfD, wenn Ihr Hauptthema bei den Bürgern nicht als Problem
wahrgenommen wird?
Natürlich. Wer sich nicht mit den Zahlen befasst, und das
kann man von den Menschen auch gar nicht verlangen, denkt: Die
Merkel macht das schon. Wenn wir schon die Inflation hätten,
die uns alle voraussagen, würden die Menschen sehen, dass
da was falsch gelaufen ist. Aber sie sehen es noch nicht. Das
ist unser Problem.
Sie sagen, deutsches Geld für deutsche Aufgaben. Klingt
womöglich nationalistisch?
Ich will nicht in die Rolle kommen und das bin ich auch überhaupt
nicht, das deutsch-national zu sehen. Ich glaube, dass wir ein
anderes Europa gewollt haben. Wir haben ein Europa der eng zusammenarbeitenden
Nationalstaaten gewollt. Und das wird inzwischen aufgelöst,
mit Dingen, die gar nichts mehr mit der Notwendigkeit der Zusammenarbeit
zu tun haben.
Von welchen Dingen reden Sie?
Wir müssen ja nur mal schauen, wofür die EU Geld verwendet.
Über eine Million Euro wurde für eine Schule für
Glamour-Models in Kalabrien ausgegeben, die EU hat einen dänischen
Krokodilzoo unterstützt, in England ist eine öffentliche
Toilette finanziert worden. Das sind nur ein paar Beispiele. Was
hat das mit Europa und europäischer Gemeinsamkeit zu tun?
Wir sehen nicht mehr durch.
Warum funktioniert aus Ihrer Sicht der Euro nicht?
Bei der Euroeinführung gab es Regeln, welche die Länder
offenbar nicht erfüllen können. Mit der aktuellen Europapolitik
höhlen wir im Grunde die Nationalstaaten aus, indem wir den
Nationalstaaten jetzt Vorschriften machen. Das haben wir nach
dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gewollt.
Muss die Kanzlerin nicht Druck machen?
Die Kanzlerin versucht unser Steuergeld zu retten, indem sie den
Griechen Vorschriften macht. Das löst in Griechenland nur
Ablehnung und Hass aus. Das war nicht Ziel des Euro. Er sollte
Europa verbinden. Jetzt haben wir Merkelbilder mit Hitlerschnauzbart.
Da kann was nicht stimmen. Da ist die Richtung falsch.
Das heißt was genau?
Das Geld, was wir den Griechen versprechen, bekommen ja nicht
die Griechen, sondern die Banken. Ich muss ganz ehrlich sagen,
dass ich nicht darüber befinden will, wann die Griechen in
Rente gehen; ich will auch nicht darüber entscheiden müssen,
wie viele Beamte in Griechenland arbeiten oder nicht arbeiten.
Das sollten die Griechen selber tun. Aber sie müssen mit
den Konsequenzen auch leben. Ich will nicht dafür bezahlen,
wenn die Griechen mehr Beamte haben. Es ist nicht Aufgabe der
Deutschen und der EU-Kommission, das festzulegen, finde ich.
Demnach sitzen wir Europäer nicht alle in einem, sondern
jeder in seinem eigenen Boot?
Wir sitzen in vielen Dingen natürlich im selben Boot. Wir
sitzen aber insofern nicht in einem Boot, dass es verschiedene
Kulturen und verschiedene Wirtschaftspolitiken gibt. Diese verschiedenen
Politiken sind von den Menschen gewählt worden.
Ist Deutschland als Exportnation nicht abhängig vom Euro?
Wir lassen uns das einreden. Deutschland ging es auch schon vor
dem Euro gut. Dass die deutsche Industrie den Euro behalten will,
ist klar. Wir finanzieren mit deutschen Steuergeldern, dass deutsche
Industrie exportieren kann. Das ist ja nicht gesund.
Was würde passieren, wenn die südlichen Länder
nicht mehr den Euro haben?
Das kann ich nicht voraussagen. Ich bin kein Volkswirt.
Der Wähler will aber sichere Prognosen für die Zukunft.
Es würde uns gar nichts passieren. Für die Griechen
wäre das sehr hart. Das will ich zugeben. Aber irgendwann
muss so eine Geschichte zu Ende sein. Griechenland und andere
Staaten können nicht nur von geborgtem Geld leben.
Wie soll ein Euro-Austritt funktionieren?
Es lässt sich nicht bestimmen, wer aus dem Euro auszutreten
hat. Wir sind eine Rechtsstaatpartei. Da muss es Regeln geben.
Also muss verhandelt werden. Diese Verhandlungen müssen mit
dem Druck einhergehen, dass wir nicht länger zahlen. Ich
kann nicht sagen, in sechs Jahren ist dieses oder jenes Land im
Euro noch drin oder dieses oder jenes draußen. Das wäre
arrogant und das glaubt auch keiner.
Warum wird, wenn Ihr Szenario stimmt, am Euro festgehalten?
Es gibt in Deutschland die Angst, wieder isoliert zu sein. Das
ist die Last der Geschichte. Das hat mit dem Euro nichts zu tun.
Aber dieser Druck lastet auf allen. Parteien haben Angst, antieuropäisch
zu sein.
Warum lastet der Druck vor allem auf Deutschland?
Deutschland ist zu groß, um wie Luxemburg zu spielen und
zu klein, eine Großmacht wie Amerika zu sein. Dazwischen
bewegen sich die Probleme. Die einen, wie die Polen, wollen, dass
wir Europa führen, andere, wie die Franzosen, wollen das
gar nicht. Wir sollten Europa nicht führen wollen. Das wird
nicht funktionieren. Sobald wir damit anfangen, und das ist ja
zu sehen, gehen gleich die geschichtlichen Vergleiche mit Hitler
los. Und das will ich nicht.
Das kann ja für Sie nicht befriedigend sein. Wie wollen
Sie so Ihr Thema durchsetzen?
Wenn wir es realistisch sehen, ist unsere Hoffnung, dass das Nachdenken
in den anderen Parteien einsetzt. Ein Wahlerfolg für die
AfD ist deshalb wichtig, weil es jene Menschen in den anderen
Parteien stärkt, die dasselbe wollen wie wir.
Es fragte Mathias Klinkmüller
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Alexander
Gauland geht als Brandenburger Vertreter für die AfD
in die Bundestagswahl. Da diese neue Partei keinen Direktkandidaten
in den Wahlkreisen aufstellt, ist Alexander Gauland auf die Zweitstimme
angewiesen Foto:
M.K.
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