Professor
Martin Neumann ist neben seinem Bundestagsmandat für die
FDP auch Hochschullehrer in Magdeburg und Energieberater bei der
Verbraucherzentrale in Cottbus. Mit
der Heimatzeitung sprach der Lausitzer über seine erneute
Kandidatur für Berlin:
Herr Prof. Dr. Neumann, in Ihrem Garten stehen sieben Kamerunschafe.
Wofür brauchen Sie die?
Ich bin in der Landwirtschaft groß geworden und habe Flächen,
die ich auch sinnvoll nutzen möchte. Für Hund und Katze
habe ich keine Zeit. Die Schafe mähen, düngen und walzen.
So spare ich Zeit.
Neben dem Politikerberuf sind Sie Hochschullehrer und Energieberater.
Haben Sie dafür noch Zeit?
Prof. Dr. Neumann: Letztere Tätigkeiten habe ich dramatisch
runtergefahren. Die Energieberatung mache ich einmal im Monat.
Das nutze ich auch, um mich fachlich fit zu halten. Zudem bekomme
ich so vom Bürger mit, wo die Problemlagen wie Heizkosten
und Förderung bei der Sanierung liegen. An der Hochschule
bin ich aufgrund meines Mandats beurlaubt. Trotzdem habe ich jedes
Semester einen Lehrauftrag wahrgenommen. Hochschullehre macht
mir Spaß.
Müssten Sie sich nicht nur auf die Politik konzentrieren?
Die Frage muss die Gesellschaft klären. Es gibt ja diesen
Spruch Kreissaal, Hörsaal, Plenarsaal. Will man Leute haben,
die so an dem Mandat kleben, dass sie nichts anderes haben?
Sind Sie als Energieberater auch als Energieexperte gefragt?
Meine Professur ist Gebäudetechnik und Bauphysik, also auch
Heizung und Lüftung. Da nehme ich das, was sich bei der Energieberatung
als Problemfälle herausgestellt hat, als Erfahrung auch in
den Bundestag mit.
Fehlen Experten?
Von den 620 Abgeordneten im Bundestag sind knapp 30 Ingenieure.
Ich würde mir wünschen, dass der Bundestag da breiter
aufgestellt wäre. Da fehlt zu oft das Fachwissen in der Praxis.
Deutschland ist nicht durch Juristen und Betriebswirte zu dem
geworden, was es ist, sondern auch durch Ingenieure.
Der FDP-Wahlkampfspruch ist Verantwortung statt Bevormundung.
Wer soll Verantwortung übernehmen?
Es geht um die Verantwortung der Menschen, Dinge auch selbst in
die Hand zu nehmen, und sich einzusetzen. Diesen Prozess möchte
ich begleiten.
Sie meinen also nicht die Verantwortung des Politikers?
Wir alle müssen stärker Verantwortung übernehmen,
ohne dass jemand sagt, du musst jetzt dieses oder jenes machen.
In Zukunft kann die Gesellschaft nur so funktionieren. Nicht warten.
Selbst Dinge in die Hand nehmen. Das ist mit Verantwortung gemeint.
Sie engagieren sich gern in Projekten. Kita-Erzieher lernen
gerade, wie Kindern die Naturwissenschaft schmackhaft gemacht
werden kann. Ist das Politik von unten?
Gern hätte ich auch Baupolitik in Berlin machen wollen. Ich
habe mich aber für Bildungs- und Forschungspolitik entschieden.
Meine Vorstellung ist, einen Kreislauf zu schaffen. Wir beginnen
bei den kleinen Kindern und fangen so bei der frühkindlichen
Bildung an und das geht dann bis zum lebenslangen Lernen.
Sie wollen den Staat etwas aus der Verantwortung nehmen?
Die SPD sagt, dass höhere Steuern für Bildung gebraucht
werden. Wir als FDP sagen, dass der Staat Probleme nie allein
lösen kann. Also brauchen wir auch weitere Quellen der Finanzierung.
Welche?
Durch das Deutschlandstipendium, das ich unterstütze, haben
wir in zwei Jahren 14 000 Stipendien vergeben. Wir haben dadurch
30 Millionen Euro private Gelder reingeholt. Wer mit 150 Euro
einen Studenten unterstützt, ich selbst habe das auch gemacht,
übernimmt Verantwortung für diesen jungen Menschen.
Das ist etwas, das ich Kultur nenne.
Zur Braunkohle. Sie meinen, dass wir die noch über Jahrzehnte
brauchen?
Ja selbstverständlich.
Gibt es neben der Braunkohle noch eine industrielle Zukunft
für die Lausitz?
Wir brauchen außeruniversitäre Forschungseinrichtungen,
die sich mit den Problemstellungen der Energiewende beschäftigen.
Da muss in Cottbus etwas passieren.
Warum außeruniversitäre?
Die außeruniversitären Forschungseinrichtungen werden
auch über den Bund finanziert. Die 260 Millionen Euro vom
Land werden zukünftig nicht ausreichen. Fachliche Kompetenz
und hohe Qualität im Lehr- und Forschungsbereich ist nur
mit einer Kombination von außeruniversitärer Forschung
mit der Hochschule möglich. Die Studenten werden dort hingehen,
wo die Professoren auch einen internationalen guten Ruf haben.
Apropos Hochschule. Wie stehen Sie zur aktuellen Fusion?
Die Stadt hatte zwei Einrichtungen mit der gleichen Ausrichtung.
Es gab Bauingenieure an der BTU und an der Hochschule Lausitz.
Das konnte so nicht weitergehen.
Warum nicht?
Beide haben Bauingenieure ausgebildet. Der eine hat um die regionalen
Studenten gebuhlt und der andere hat versucht, national Studenten
ranzuholen. Das funktioniert auf Dauer nicht. Das Land hat keinen
größeren Haushalt. Klar, bei der Kommunikation wurde
alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte. Die BTU muss
jetzt aber in die Forschungsprogramme einsteigen.
Die SPD will Rente mit 65. Sie auch?
Wir wollen einen flexiblen Renteneinstieg. Jeder muss das persönlich
entscheiden dürfen.
Ab welchem Alter gibt es keine Abschläge?
Ab 45 Arbeitsjahren.
Was wollen Sie als Abgeordneter noch erreichen?
Die Finanzierung der Hochschulen ist ausschließlich Ländersache.
Mir liegt viel daran, dass der Bund die Länder in einer angemessenen
Art und Weise unterstützt. Wir haben einen Gesetzentwurf
vorgelegt, wonach künftig Hochschulen mit überregionaler
Bedeutung durch den Bund mitfinanziert werden könnten. Leider
haben SPD und Grüne dies im Bundesrat blockiert. Für
Cottbus wäre das eine große Chance gewesen. Ich verspreche
aber: Nach der Wahl werden wir einen neuen Anlauf starten.
Es fragte Mathias Klinkmüller
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Prof. Dr. Martin Neumann fühlt sich in seinem Vetschauer
Garten, an dem er auch Kamerunschafe hält, sehr wohl. Der
FDP-Spitzenkandidat spielt Tenorhorn, joggt täglich und ist
auch als Energieberater und Hochschullehrer tätig F:
M.K.
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