Forst
(mk). Bis zum März 2014 soll die Stadt Forst ein Konzept
erarbeiten, wie sich Bürger mehr an der Stadtpolitik beteiligen
können. Das fordert die SPD-Fraktion der Stadtverordnetenversammlung.
Die Heimatzeitung sprach mit der Vorsitzenden der Fraktion, Anett
Müller, was sie unter einer Beteiligung versteht.
Wie kam es zu dieser Forderung der Bürgerbeteiligung?
A. Müller: Bürger zu beteiligen ist ja nicht ganz neu
in Forst. Wir machen dies schon mit dem Festkomitee zur Rosenschau
sowie mit der Insek-Arbeitsgruppe zur Stadtentwicklung. Der Bürger
weiß aber nicht genau wo und wie er sich an der Politik
beteiligen kann. Dafür brauchen wir ein Konzept.
Der Bürger kann sich doch beteiligen, in dem er die Fachausschüsse
besucht.
Diese Möglichkeit wird kaum wahrgenommen. Die Kommunalpolitik
muss neue Wege gehen, um dem Bürger zu sagen, wo und wie
er sich beteiligen kann.
Das heißt ?
Neben den Medien und dem Amtsblatt müssen wir etwa mit Plakaten,
Facebook oder konkreten Einladungen die Bürger zur Teilnahme
aufrufen. Und da, wie beim Spielplatz im Rosengarten, wo Kinder
an der Umsetzung beteiligt waren, müssen die Kinder auch
erwähnt werden. Die machen bei soetwas doch nie wieder mit.
An welcher Politik soll sich der Bürger denn beteiligen?
Unser Ziel ist, dass die Bürger in alle wichtigen Entscheidungen
der Stadt eingebunden werden.
Wer entscheidet denn, was wichtig ist?
Klar ist, dass wir nicht bei jeder kleinen Baumaßnahme die
Bürger beteiligen können. Nicht jedes Projekt eignet
sich für eine Bürgerbeteiligung. Mit wichtig meine ich
stadtbildprägende Entscheidungen wie etwa die Umfeldgestaltung
der Stadtkirche.
Wo wäre denn eine Bürgerbeteiligung ratsam gewesen?
Zum Beispiel vor dem Kaufland. Hier Bänke aufzustellen, hat
sich nicht als zielführend herausgestellt. Hätten wir
die Bürger einbezogen, hätte sich vielleicht auch der
Gedanke ergeben, dass dort, wo es billige Getränke gibt,
sich auch die Jugend aufhält. Bis jetzt habe ich dort noch
keine anderen Leute sitzen sehen. Auch bei den Bademeuselern hätte
man als Verwaltung bezüglich der Windkraft eher an die Tür
klopfen müssen.
Was heißt eher?
Als man vom Investor hörte.
Bremst Bürgerbeteiligung nicht die Stadtpolitik zu sehr
aus?
Das ist so. Aber diese Blockade ist nicht schlimm, wenn am Ende
ein Ergebnis steht, mit dem Stadt und Bürger leben können.
Je geringer die Haushaltsmittel werden, desto mehr müssen
wir den Bürger einbeziehen, damit dieser versteht, warum
dieses oder jenes nicht finanziert werden kann. Nur durch Mitbestimmung
ist eine Identifizierung mit den Entscheidungen der Stadt möglich.
Haben Sie da ein Beispiel?
Nehmen wir etwa den Bau eines Spielplatzes. Da kann die Verwaltung
doch an den Stadtteil herantreten und sagen: Wir haben 5000 Euro.
Was sollten wir aus eurer Sicht damit bauen?
Wie stellen Sie sich also das Beteiligungs-Konzept vor?
Ich sage Ihnen, wie ich es mir nicht vorstelle. Die Verwaltung
versteht unter Bürgerbeteiligung in der Stadt ein Modell
aufzustellen, das in Augenschein genommen werden kann. Ich verstehe
unter Bürgerbeteiligung, dass der Bürger vorher selbst
am Modell mitgearbeitet hat.
Gibt es da positive Beispiele?
In Senftenberg etwa werden den Stadtteilen Budgets gegeben und
der Bürger kann selbst entscheiden, ob er einen Spielplatz
oder eine Sitzecke mit dem Geld bauen will. In Senftenberg gibt
es auch ein gut funktionierendes Kinder- und Jugendparlament.
Sie sagten, der Bürger kommt nicht in die Ausschüsse.
Will der Bürger sich denn überhaupt beteiligen?
Ich denke, dass sich der Bürger nach zwei Diktaturen erst
daran gewöhnen muss, selbst Einfluss nehmen zu können.
Ich gehe auch nicht davon aus, dass sich jeder Bürger beteiligen
will und andersherum wird sicher auch nicht jede Bürgeridee
zu 1:1 umgesetzt werden können.
Es fragte Mathias Kinkmüller
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Die Vorsitzende der Forster SPD, Anett Müller, sitzt in einem
Café mit Blick zur Promenade. Mit einer Bürgerbeteiligung,
sagt sie, hätte man hier vieles besser angehen können
Foto: M.K.
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