Ruhland
(h). Ein wunderbar gepflegter Wartburg 353, vermutlich
Baujahr 1978 und orginal bis hin zur mattschwarzen Stoßstange,
erregt die Aufmerksamkeit. Er tut es vor allem, weil er blitzblank
geputzt und mit Blumen geschmückt vor der Kirche hält.
Das Brautpaar darinnen, Herr und Frau Schmidt, war schon 15 Jahre
verheiratet, als der Wagen vom Band lief. Es empfängt nun
in der Kirche, in der es einst getraut wurde, den Segen der Goldenen
Hochzeit.
Es ist ein würdiges Bauwerk, diese barocke Kirche aus der
Zeit um 1770, errichtet nach einem großen Stadtbrand. Die
wohlgeformte kupferne Haube kennt jeder hier im Seenland, der
bisweilen auf der Autobahn aus Sachsen kommt. Wenn der Turm von
Ruhland grüßt, ist die engere Heimat erreicht.
Während wir das Bauwerk betrachten, klingt unerwartet reine,
beinahe vollkommene Orgelmusik nach draußen. Die Gold-Feier
hat begonnen, da wagen wir uns hinauf auf die Empore. Am Instrument
sitzt ein schwarzhaariger Bursche, der während des Spiels
Zeit hat für einen schelmischen Blick zur Seite. Es ist Sanko
Ogon, ein in Ruhland aufgewachsener Mann, Jahrgang 1985. Viel
jünger als das Auto da draußen.
In der Spielpause erfahren wir: Die musische Früherziehung
hier in der Stadt, vor allem in der evangelischen Gemeinde und
durch deren Altkantorin, hat ihn geprägt. Er lernte Klavier,
mit 16 zogs ihn zur Orgel. Nun studiert er in Greifswald
auf Kirchenmusik-Diplom. Vielleicht noch bis 2015. Und dann? Mit
seiner Freundin, die Lehrerin wird, geht er auf Stellensuche:
Keinesfalls mehr als drei Autostunden weg von Ruhland. Nein, natürlich
nicht Wartburg-Stunden...
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Kirchenmusikstudent Sanko Orgon, aufgewachsen in Ruhland und zur
Zeit in der Ausbildung an der Uni Greifswald, spielt in den Semesterferien
gern daheim das königliche Instrument
Foto: J. Heinrich
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