Region
(mk). Neben Bremen ist Brandenburg das einzige Bundesland,
das keine Ärzte ausbildet. Um dem Ärztemangel in der
Region entgegen zu treten, haben das Städtische Klinikum
Brandenburg GmbH und die Ruppiner Kliniken GmbH als Träger
die staatliche Genehmigung der Medizinischen Hochschule Brandenburg
Theodor Fontane beantragt. Der Märkische Bote sprach mit
dem Projektleiter und Chefarzt der Ruppiner Klinik, Prof. Dr.
Dieter Nürnberg zur ersten möglichen Ärzteausbildung
im Land.
Herr Prof. Nürnberg, warum braucht Brandenburg eine eigene
Ärzte-Ausbildung? Reicht die in Berlin nicht?
Prof. Dr. Dieter Nürnberg: Wir müssen dem Ärztemangel
im Land begegnen. Die alleinige Ausbildung in Berlin reicht nicht,
da die Realität zeigt, dass die Brandenburger, die in der
Hauptstadt jahrelang studieren, dort auch soziale Bindungen, seien
es Freunde oder der Lebenspartner eingehen. Viele bleiben also
nach dem Studium in Berlin kleben. Wir wollen aber, dass junge
Ärzte in Brandenburg kleben bleiben.
Wie wird diese Hochschule finanziert?
Da Brandenburg keinen eigenen Beitrag zur Ausbildung leisten will
oder kann, verzichten wir auf jeden staatlichen Euro. Die medizinische
Hochschule wird rein privat finanziert.
Wer zahlt da was?
Das fünfjährige Medizinstudium kostet pro Student 115000
Euro. 80000 Euro davon würden Brandenburger Kliniken in Form
von Stipendien übernehmen.
Was haben die davon?
Die Kliniken schließen mit dem Studenten einen Vertrag,
der diesen für eine Frist wie etwa nach dem Studium die fünfjährige
Facharztausbildung an die Klinik bindet. Wir nennen diese Art
Bindung deshalb Bundeswehrmodell.
Und nach den fünf Jahren?
Ist der Student Facharzt und frei. Wir hoffen natürlich,
dass er in den Jahren soziale Bindungen aufgebaut hat und die
Region nicht verlässt.
Wie kommen die anderen 35000 Euro zusammen?
Die muss der Student selbst aufbringen. Über eine Studierendengesellschaft
kann der Betrag aber vorfinanziert werden. Erst wenn der Student
ein Gehalt hat, muss er zurückzahlen. Es gibt aber auch Kliniken,
die selbst diese 35000 Euro übernehmen.
Wieviel Stipendien gibt es denn bislang?
Wir haben 37 gezeichnete Stipendien. Das zeigt, dass das Finazierungskonzept
funktioniert.
Wie sieht das inhaltliche Konzept aus? Ist der Hochschul-Arzt
ein ganz normaler Arzt wie der von der Universität?
Natürlich! Der Hochschul-Mediziner schließt die Ausbildung
wie jeder angehende Arzt auch mit der Approbation ab. Nur die
Ausbildung unterscheidet sich.
In wiefern?
Niedergelassene Ärzte aus der Region werden mit den Klinikärzten
zusammenwirken, um so eine praxisnahe und wissenschaftlich-theoretische
Ausbildung zu gewährleisten.
Wie sieht das konkret aus?
Der Medizinstudent lernt ja bislang im ersten Studienjahr Anatomie,
dann Biochemie und so weiter und erst im vierten Jahr lernt er
den ersten Patienten kennen. Bei unserer Hochschule wird der Student
vom ersten Jahr an einen Tag in der Woche in einer Praxis verbringen.
Wir wollen, dass der Student nicht nur büffelt und alle Theorie
in seinen Kopf stopft, sondern er soll lernen, Probleme zu lösen.
Durch die Praxisorientierung erlernt der Student ärztliche
Fertigkeiten, so dass er nach der Approbation selbstständig
und verantwortlich tätig werden kann.
Wo steht die Hochschule denn?
Bislang ist die Ausbildung bei den Trägern, also den Kliniken
in Neuruppin und Brandenburg vorgesehen.
In Cottbus nicht?
Es gab monatelange Abstimmungsrunden. Wir wollten auch das CTK
als Träger gewinnen. Aber die Stadt Cottbus als Träger
des Klinikums lehnte diese Zusammenarbeit ab. Wir sind aber nach
wie vor an einer Zusammenarbeit interessiert.
Was sind die Bewerbungskriterien?
Bislang müssen Abiturienten, die keinen Durchschnitt von
1,0 bis 1,3 haben, jahrelang auf einen Studienplatz warten. Viele
studieren deshalb auch im Ausland wie in Budapest oder Riga. Um
an der Medizinischen Hochschule angenommen zu werden, ist natürlich
auch ein Abitur die Grundvoraussetzung. Aber die Motivation ist
uns wichtiger als das Zeugnis.
Was ist mit Motivation denn genau gemeint?
Da wir die Studenten später als Ärzte im Land behalten
wollen, gibt es einen Landeskinderbonus. Wer von hier kommt und
in Gesprächen klar wird, dass er möglichst auch in Brandenburg
seine Zukunft sieht, wird bevorzugt.
Wieviel Bewerber und Plätze gibt es denn?
Aktuell haben wir 120 Bewerber. 200 wollen wir in ein Auswahlverfahren
für aktuell 45 Plätze einladen.
Wie sieht der Zeitplan aus?
Wenn die Genehmigung durch das Wissenschaftsministerium erteilt
wird, wollen wir im Juli mit der Studentenauswahl beginnen und
am 14. Oktober soll das erste Semester beginnen.
Mit Prof. Dr. Nürnberg sprach Mathias Klinkmüller
Stadt macht nicht mit
Cottbus will keine medizinische Hochschule
Cottbus (mk). Auf Nachfrage erklärte die Stadtverwaltung
Cottbus, dass es Gespräche zur Gründung einer medizinischen
Hochschule gegeben hat. Drei Gründe führt die Stadt
an, warum sie sich als Träger des Carl-Thiem-Klinikums gegen
eine Mitträgerschaft an der Brandeburger Ärzte-Ausbildung
entschieden hat. Zum einen sei die medizinische Ausbildung eine
staatliche Aufgabe und zum anderen die Stipendien-Kosten für
das CTK zu hoch. Zudem wolle sich die Stadt auf das Institut für
medizinische Fortbildung konzentrieren, wird begründet.
|
Das Vorhaben der Gründung einer medizinischen Hochschule
wird von der Ärztekammer Brandenburg mit Sitz in Cottbus
(Foto), der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg und
dem Verband der Hausärzte Brandenburg unterstützt
Fotos: Mathias Klinkmüller
Prof.
Dr. Dieter Nürnberg leitet das Projekt zur Gründung
einer eigenen Ärzteausbildung in Brandenburg
Von der medizinischen Hochschule hätte auch das CTK von Fachkräften
profitieren können
Foto: Jens Haberland
|