Senftenberg
(h). Passanten verharren am edlen (leider durch billigen Türeinbau
verunstalteten) Eingang zum Goldenen Roß in
der Kreuzstraße. Die beiderseits angebrachten Reliefs erinnern
an Günther Wendt. Er und seine Frau Magarita Alexandrowna
(Margo) gehören zu den unsterblichen Senftenbergern der Nachkriegszeit.
Wendt, geborener Senftenberger (1908), studierte in Charlottenburg,
wurde freischaffender Maler und war 1952 bis 1971 Museumsleiter.
Am 13. März ist sein 42. Todestag.
Seine Frau, geboren in Jekaterinenburg, wurde 1946 von den Russen
in den Gulag verschleppt, kam erst 1956 zurück. Da hatte
Wendt Rose Herzberg, eine Kostümbildnerin, als zeitweilige
Partnerin gefunden, bei der die Kinder aufwuchsen.
Vor vier Jahren waren beider Bilder in der Cottbuser Vattenfall-Verwaltung
ausgestellt. Günther Wendt war nie ein typischer künstlerischer
Vertreter für sozialistischen Realismus. Er malte die Landschaft
seiner Heimat und ihren Wandel, auch Bergleute und Bauern, aber
keine Helden. Er wurde Blechenpreisträger (höchster
Kunstpreis im Bezirk), als Mitglied einer liberalen Partei aber
nie Fahnenschwenker. Die großen Bilder in Mischtechnik sind
von schwerer Hand gemacht, mit leichtem Pinsel dagegen Aquarelle
und zuletzt blau-weiße Landschaften in Öl. Sein Vater
ahnte den nahenden Tod, beobachtete Sohn Götz: Er schaffte
Ordnung wie besessen, malte lange weggestellte Bilder fertig oder
signierte auch nur. Und er räumte gründlich auf, ehe
er ging.
Margo Wendt fand zu fast genialer Leichtigkeit. Als Mutter und
Ehefrau hatte sie zunächst wenig Chancen zur künstlerischen
Entfaltung. Die Jahre in Russland bleiben verschwiegenes Rätsel.
Zwei Zeuginnen wissen, dass sie bewundert wurde für ihre
Improvisation: Pajettenkleider zauberte sie aus Käsefolie.
Ein Gulag-Zyklus, gemalt ein Jahr nach Heimkehr, ist von erstaunlicher
Bildkraft. Spätere Monotypien bleiben ohne Beispiel in ihrem
Umfeld. Materialdrucke von 1974 und Bilder in anderer Technik,
immer wieder auch Zitate russischer Folklore, sind an Lebenslust
und federleichtem Witz kaum zu übertreffen.
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Götz
Wendt vor dem Bild Atelierbesuch, das sein Vater 1960
malte. Es zeigt Günther (l.) und Margo Wendt mit dem Malerkollegen
Heinz-Karl Kummer aus Lauchhammer
Vor
einem der schönsten Hauseingänge auf der Südseite
der Senftenberger Kreuzstraße erinnern sich die Passanten
nicht nur an das Tanzlokal und die spätere Nachtbar (bis
1989), sondern auch an Günther Wendt, den Künstler und
langjährigen Museumsleiter. Er hat die Eingangsreliefs geschaffen
Lagernutte
heißt dieses drastische Tafelbild von Margo Wendt, das zu
einem merkwürdig distanziert-lasziven Zyklus Frauen
im Gulag gehört, mit dem sie ein Jahr nach ihrer Heimkehr
aus Russland im Jahre 1957 schockierte. Ihr späteres Werk
ist lebensfroh und voller Humor
Fotos:
Jürgen Heinrich
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