Cottbus
(bw). Die Wernerstraße hat bis heute wesentliche Merkmale
ihrer einstigen Anlage als parallele Erschließungsstraße
zur Bahnhofstraße erhalten können. Die ersten Wohnhäuser
wurden von der Berliner Straße aus beginnend in südlicher
Richtung erbaut. Da um 1870 keine Bauauflagen zu Maßen und
Straßenbreite existierten, ist dieser Abschnitt wesentlich
schmaler konzipiert und bis heute so geblieben. Erst das einige
Jahre später verabschiedete Preußische Fluchtliniengesetz
legte Richtwerte fest, die im anschließenden südlichen
Teil der damaligen Grünstraße, beginnend an der heutigen
Kammerbühne des Staatstheaters, deutlich sichtbar werden.
Hier an der Aufweitung befindet sich seit 22 Jahren das Wasser-Sport-Haus
Babick mit seinem umfangreichen Leistungsangebot. In diesem
Familienbetrieb hat man sich ganz auf das Ausrüsten von Booten
und Yachten spezialisiert und bei Sporttauchern ist dieses Unternehmen
längst zu einer kompetenten Adresse geworden. Besonders die
fachmännische Beratung wird immer sehr gelobt.
Den Schillerplatz auf der Ostseite begleitend, sind die Neurenaissance-Häuser
bereits in den Jahren 1885 bis 1893 erbaut worden. Leider wurden
im Rahmen von Sanierungsarbeiten vor etwa 40 Jahren viele Fassaden
geglättet. Die Hausnummern 9 und 16 können bis heute
als gelungene Fassadengliederungen bezeichnet werden. Südlich
der Karl-Liebknecht-Straße fällt die fast durchgehende
und gut erhaltene Bebauung auf, die durch begleitende Vorgärten
gekennzeichnet ist. Das Haus 55 ließ Paul Werner errichten,
als er 1892 Oberbürgermeister wurde. In seine Amtszeit (bis
1914) fallen die Inbetriebnahme des Dieselkraftwerkes auf der
Mühleninsel zur Stromerzeugung für die elektrische Straßenbeleuchtung
und die Einweihung der ersten Straßenbahnlinie 1903 wie
auch der Bau des Theaters am Schillerplatz. Als Oberbürgermeister
unterstützte Paul Werner die Pläne des Cottbuser Mediziners
Prof. Dr. Carl Thiem, die Vereinigte Städtische und
Thiemsche Heilanstalt zu gründen.
Gegenüber von Werners Wohnhaus hat sich in einem einst der
Cottbuser Verlegerfamilie Heine gehörenden Wohn- und Geschäftshaus
seit fast zwei Jahrzehnten der Märkische Bote
etabliert. Die heutige Verlegerfamilie entkernte den maroden Hofraum
und öffnete das Vorderhaus zur Bahnhofstraße, so dass
ein Durchgang direkt auf Werners Haus zuführt und sich WernerPASSAGE
nennt, bekannt durch das rege Presse-Café mit schöner
Terrasse.
Wenige Meter weiter trifft man auf die Firmenschilder von Marlies
Mysliwiec, die hier ihre Logopädische Praxis eingerichtet
hat, und des Modeateliers von Doris Hanske. Ich bin seit
nun acht Jahren hier und aus meinem breitgefächerten Angebot
sind vor allem Braut- und Abendkleider, aber auch Tages- und Business-Kostüme
besonders gefragte Aufträge, erzählt die gelernte
Damen-Maßschneiderin und blättert in ihren Musterangeboten
und Stoffproben. Zu meinem Firmenjubiläum biete ich
die Anfertigung eines gefütterten Etui-Kleides zu extra günstigen
Konditionen an. Auch den Stoff habe ich dafür hier.
Wenn das mal nicht verlockend klingt...
Der vierte Abschnitt südlich der Wilhelm-Külz-Straße
hieß bis 1913 Neue Grünstraße, da dieser Teil
erst später als Zugang zur Loge und den später erbauten
Wohnhäusern erschlossen wurde. Mit der 1914 erfolgten Umbenennung
wurde dann auch dieser Teil nach Werner benannt. In all ihren
Abschnitten gehört die Wernerstraße heute zur besten
Wohnlage.
|
In der Hausnummer 55
(vorn) wohnte Paul Werner von 1892 bis zu seinem Tod im Jahr 1927.
Die Geschicke der Stadt Cottbus lenkte er als Oberbürgermeister
bis 1914 Fotos:
BeWe
Im
nördlichen Teil der Wernerstraße ist deutlich eine
schmalere Straßenbreite, die später nach dem Preußische
Fluchtliniengesetz von 1875 erweitert wurde, zu erkennen.
Heute befindet sich hier auch das Wasser-Sport-Haus Babick.
Die Aufweitung ergibt den Vorplatz für die Kammerbühne
auf der linken Seite (nicht mehr im Bild)
Damen-Maßschneiderin
Doris Hanske fertigt alle Kleider und Kostüme nach eigenen
Entwürfen. Dabei können ihre Kundinnen aus einer großen
Stoffauswahl wählen
|