Spremberg
(mk). Jugendarbeit. Dieser widmete sich zehn Jahre lang Dorit
Flügel in Cottbus. Seit kurzem leitet die Sozialpädagogin
die Tagesstätte des Abstinenzlervereins in Spremberg. Ihre
Aufgabe: Suchtkranken Menschen eine Alternative zu den eigenen
vier Wänden zu bieten. Wänden, in denen die Alkoholkranken
oft einsam sind. Die Pädagogin weiß: wer viel Zeit
hat, lebt in einer Gefahr - der Rückfallgefahr. In der Tagesstätte
findet eine Betreuung von Montag bis Freitag von 9 bis 15 Uhr
statt. Sechs Stunden in denen die Klienten, so werden die Teilnehmer
der Tagesstätte genannt, keine Zeit haben, wieder dem Alkohol
zu verfallen. Ob bei Gesprächsrunden, in der Holzwerkstatt,
der Töpferei, den Bastel- und Sporträumen, in der Fahrradwerkstatt
oder im Gemüse- und Kräutergarten - all die Angebote
haben drei Ziele: den Suchtkranken eine regelmäßige
Tagesstruktur zu bieten, eine Abstinenz sowie eine Wiedereingliederung
in die Gesellschaft zu erreichen. Viele haben keine Familie
oder sie ist wegen des Alkohols kaputtgegangen, sagt Dorit
Flügel über ihre Klienten, von denen derzeit zehn täglich
zum Abstinenzlerverein kommen. Trotzdem will und kann der Verein
kein Familienersatz sein, sondern eine Hilfe zur Selbsthilfe,
erklärt die Pädagogin.
Einer der sich selbst hilft, ist Fred Neubarth. Der 54-jährige
Spremberger sägt, schleift und klebt. Osterhasen stellt er
her. Mit dem Griff zur Bierflasche hat er Arbeit, Frau und Kinder
verloren. Alkohol zu trinken hat zu DDR-Zeiten auf der Arbeit
dazu gehört, sagt er. Im Jahr 2000 sucht er Hilfe beim
Abstinenzlerverein. Drei Jahre lebt und wohnt er dort. Dann zieht
er wieder in seine eigene Wohnung. Dort kann er dem Alkohol widerstehen.
Wenn er bei Festen trinkende Menschen sieht, denkt er immer daran,
was er durch den Alkohol verloren hat.
Nach sechs Jahren kommt der Rückfall. Er kommt schleichend.
Es war der Versuch zu trinken ohne süchtig zu werden. Erst
waren es nur zwei, später acht Flaschen Bier am Tag. Ein
Kumpel erkennt die erneute Sucht. Sein Rat: Ab zum Arzt.
Seitdem ist er wieder abstinent. Die Angst vor einem Rückfall
bleibt jedoch. Deshalb sucht Fred Neubarth täglich die Tagesstätte
auf. Doch der Spremberger hofft auch auf richtige Arbeit. Hausmeister,
Fahrdienst - handwerkliche Sachen. Das kann sich der 54-Jährige
gut vorstellen. Genau das ist auch das Ziel von Dorit Flügel.
Die Klienten sollen eines Tages wieder ihren Alltag selbst in
die Hand nehmen. Die Pädagogin wünscht, dass noch mehr
Suchtkranke den Weg zum Abstinenzlerverein finden. Die Klienten
helfen sich untereinander und aus dem Leidensdruck heraus entstehen
auch Freundschaften, sagt Dorit Flügel. Die Einrichtung
befindet sich in Spremberg in der Straße Am Berghang 1.
Für Beratungen ist der Verein telefonisch unter 03563 92646
zu erreichen.
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Dorit Flügel (l.)
leitet die Tagesstätte des Abstinenzlervereins in Spremberg.
Neben ihr steht Fred Neubarth, der bereits seit Jahren abstinent
ist. Er ist der Werkstattverantwortliche für die Holzwerkstatt,
in der derzeit Osterhasen hergestellt werden. Sein handwerkliches
Geschick würde er gerne auch einem zukünftigen Arbeitgeber
beweisen wollen. Bislang blieben seine Bewerbungen ohne Erfolg
Foto: M.
Klinkmüller
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