Guben
(ha). Drei Jahre bereitete Aleksandra Poraszka den Vorstoß
vor: In dieser Woche ist sie ihrem Ziel ein gutes Stück näher
gekommen. Die Zeitzeugen sterben immer schneller, wir haben
nicht mehr viel Zeit, die Geschichte der Pendler-Arbeiterinnen
aus Gubin ins CFG festzuhalten, begründet sie ihr Drängen.
Sie selbst war ab 1975 Pendlerin, arbeitete lange in der Cord-Packerei,
war Schichtleiterin und bis 1984 als Dolmetscherin tätig.
Doch die, die zu den ersten gehörten, sind heute jenseits
der 80 Jahre alt. Unser Verein hat die Geschichte des CFG
seit den Anfängen 1958 dokumentiert und aufgeschrieben. Nur
ein Punkt ist dabei unberücksichtig geblieben: Die ausländischen
Arbeiter, die wegen Arbeitskräftenot in der DDR nach Guben
geholt wurden, schildert Diethelm Pagel. Am 15. März
1966 wurden die ersten 100 Polinnen über ein Pendlerabkommen
ins CFG geholt, dort ausgebildet und später auch in verantwortungsvollen
Bereichen eingesetzt. Später kamen Arbeiter aus anderen
Nationen dazu, so aus Kuba, Mosambik und Vietnam, ergänzt
Diethelm Pagel. Die Polinnen müssen sehr fleißige
Arbeiterinnen gewesen sein. Viele haben hier ihren Meister gemacht,
weiß Günter Quiel. Unser Wissen über Details,
auch was die Auswirkungen der Fachkräftebündelung auf
Betriebe und Unternehmen im Umland bedeutete, sind bis heute rudimentär.
Deshalb sind wir für alle Details, wie unwichtig sie auch
sein mögen, und vor allem für Dokumente und Exponate
als Zeitzeugen sehr dankbar, so Diethelm Pagel.
In frühestens einem Jahr sollen erste Ergebnisse auf dem
Tisch liegen, die die drei Arbeitsgemeinschaften sammeln wollen.
Die finanzielle Absicherung ist dabei eine Voraussetzung für
den Erfolg. Eine Arbeitsgruppe kümmert sich deshalb ausschließlich
um Förderanträge. Ziel ist es, die bestehende Dauerausstellung
in der Grünstraße zu erweitern. Denkbar wäre
neben der Dauerausstellung auch eine Wanderausstellung, die vor
allem auch in polnischen Städten gezeigt werden sollte. Dort
leben die einstigen Arbeiterinnen, so Günter Quiel.
Später könnten wir uns die Ausstellung auch als
Bereicherung im sanierten Turm der ehemaligen Stadt- und Hauptkirche
vorstellen, der sehr wahrscheinlich zum Frühlingsfest an
der Neiße eröffnet wird.
Doch bevor es soweit ist, sind Gubener, ehemalige Gubener und
auch Gubiner aufgerufen, bei der Materialsammlung zu helfen. Wer
Erinnerungen und/oder Dokumente und Zeitzeugen hat, kann sich
montags bis donnerstags 8 bis 16 Uhr, freitags bis 13 Uhr in der
Ausstellung Grünstraße melden oder telefonisch um ein
persönliches Treffen bitten unter (03561) 437132.
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Auf Initiative von Aleksandra
Poraszka vom Gubener Infozentrum des Fördervereins zum Wiederaufbau
der ehemaligen Stadt- und Hauptkirche kam es zur Bildung eines
Netzwerkes, das die bisher vergessene Geschichte der Gastarbeiter
im Chemiefaserkombinat Guben erforschen und darstellen soll. Daran
beteiligen sich Diethelm Pagel vom Verein Gubener Tuche und Chemiefasern
e.V., Günter Quiel für den Verein zum Wiederaufbau der
Stadtkirche und Kulturhaus-Chef in Gubin Janusz Gajda (v.l.).
Erste Interviews und Treffen mit Zeitzeugen gab es bereits Foto:
Jens Haberland
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