Region
(h). Die Exners aus Briesen gelten hier als angesehene Leute.
Zahnärzte sind sie oder unternehmerisch unterwegs, in und
um Cottbus und in Bautzen. Wir vier Geschwister, sagt
der Zahnarzt Bernd Exner, sind stolz auf unsere Eltern.
Die kommen aus einfachen Verhältnissen. Vater ist der kluge
Kopf, Mutter die treibende Kraft. Anfang kommender Woche
feiern sie das seltene Fest der Gnadenhochzeit.
Wie das klingt! Ich kanns gar nicht hören,
winkt die Jubilarin ab. Natürlich empfindet sie es als Glück,
jetzt gut beieinander zu sein, nachdem sie, herzschwach, schon
mit 52 Invalidin wurde und die Diamantene im Krankenhaus zubrachte.
Aber Gnade? Sie hat nie aufgegeben, und die Exners ließen
sich weder je was schenken noch die Butter vom Brot nehmen.
1942 haben sie geheiratet; da war das Mädchen unterwegs.
Mutter, eine geborene Jawerka mit schlesischen Vorfahren, brachte
den schlesischen Kutschersohn und Arbeitsdienstler auf den elterlichen
Hof. Es war Liebe für ein langes Leben. 1945, 47 und
58 sind die Söhne geboren. Die Tochter ging zum Konsum,
später zum konsument und blieb bis Horten. Das
war in DDR-Zeiten günstig für alle Besorgungen. Bernd
wollte keinesfalls zur Sorben-Penne, entschied sich mit seinem
Freund Ernst Schlodder (dem heutigen Stern-Wirt) zusammen
fürs Internat in Lübben und wurde dann Zahnarzt. Horst,
zwei Jahre jünger, lernte erst Dampf-Maschinist und dann
Zahnarzt, und Rainer, der Nachkömmling, studierte im Baufach.
Als er merkte, dass er als Dozent keine Westbesuche genehmigt
bekam, schmiss er hin, begann mit 30 in Ströbitz eine Tischlerlehre
und half seinem Bruder, der als Zahnarzt im Zweitjob Edelmöbel
baute (ein damals typisches Verhalten umtriebiger Zeitgenossen),
beim Furnieren.
Der Vater, gutgelaunt und modern mit offenem Hemdkragen unterm
Pullover gekleidet, schmunzelt bei der Schilderung, als wolle
er kommentieren: Gut gemacht, Jungs.
Nein, er wollte nie Bauer sein. Er lacht, als er erzählt:
Die Schwiegereltern wollten mich im Grundbuch vom Hof. Aber
ich - nö. Dann kam die LPG, und er hob die Hände:
Nicht mit mir. Er hätte zur Kolchose müssen,
da bliebe kaum eine Wahl. So aber trug die Frau das Los und wurde
in die Gärtnerei gesteckt. Er ging zur Reichsbahn. Erst
als Rangierer, dann hab ich Weiterbildung bekommen und rückte
hoch aufs Stellwerk. Er war leidenschaftlich Eisenbahner,
sagt er, ist aber keinen Tag länger geblieben. Mit 65 riefen
dann doch der Hof und die weite Welt.
Es gab ja, trotz LPG, immer ein paar Tiere im eigenen Stall, Gemüsebau
für den Eigenbedarf und dann den Gurkenanbau. Die Folienzelte
waren Goldquellen - für den Fleißigen, wohlgemerkt.
Urlaub? Den von der Bahn hat er in den Hof investiert. Den ersten
wirklichen nahm er mit 70 - seine Harzreise 1985 mit dem Trabbi
ins Motel Quedlinburg.
Und die Freifahrtscheine? Tja! Das war eine andere Sache! 1981,
gleich nach der Rente, war ich schon in Österreich.
Die Welt stand nun offen. Es gab Verwandte, und mit Hilfe der
Offenbacher Zeitung hatten sich Schüler aus seiner Greiffenberger
Schule gesucht. Immerhin zwölf trafen sich drüben, als
sie das 50-jährige Jubiläum ihrer Schulentlassung begingen.
Balsam sind die Erinnerungen an Schlesien, aber fest zuhause ist
das Paar in Briesen. Käthes Vater war immerhin erster Sportwart,
als 1912 der Verein Frisch auf gegründet wurde.
Werner Exner hat maßgeblich mitgewirkt an der Wiederbelebung
des Vereins nach 1945. Drei Jahre lang war er Vorsitzender. Nein,
als Fußballer hat er nicht geglänzt, aber als Organisator
der Wintervergnügen. Als Unterhalter fand er auch in Dissen,
Ruben und anderen Dörfern heftigen Beifall.
Das ist er noch heute - immer unterwegs, bestätigt
Bernd Exner, der mit seinen bald 67 Lenzen auch noch immer (hilfsweise)
in der Praxis seiner Tochter in der Cottbuser Bahnhofstraße
bohrt. Bis 92 fuhr Vater Auto. Als der Jüngste
in Bautzen baute, ist er mit Muttern hin zum Helfen. Wie bei allen
Häusern der Kinder zuvor.
Jetzt fahre er mit seinem Citymobil nach Werben oder
Striesow, erklärt er. Um was zu erleben. Käthe schmunzelt
still.
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Nein, sie haben nichts zu hadern mit ihrem langen Leben zu zweit,
dann zu sechst und schließlich im munteren Dutzend. Käthe
und Werner Exner leben auf dem Grundstück der Eltern und
alle Kinder sind in der Nähe. Selten gabs mal
laute Worte, sagt Werner Exner, der Mitte Januar 97 geworden
ist. Wir haben uns immer schnell geeinigt Foto:
Heinrich
Die
Exners bei ihrer Grünen...
...der
Goldenen...
...und
der Diamantenen Hochzeit. Gelebt haben sie immer in Briesen, nur
das letzte Foto musste im Krankenhaus aufgenommen werden
Hochzeitsfeste*
Grüne Hochzeit =
Trauung Baumwollene = 1 Jahr
Hölzerne = 5 J.
Kupferne = 7 J.
Rosenhochzeit = 10 J.
Petersilienhochzeit = 12½ J.
Gläserne = 15 J.
Porzellanhochzeit = 20 J.
Silberhochzeit = 25 J.
Perlenhochzeit = 30 J.
Rubinhochzeit = 40 J.
Goldene Hochzeit = 50 J.
Diamantene = 60 J.
Gnadenhochzeit = 70 J.
Kronjuwelenhochzeit = 75 J.
*) Es gibt außer den großen und den geläufigen
Jubiläen noch weitere dazwischen und auch regionale Unterschiede
in den Begriffen
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