Spremberg
(mk). Die Karten liegen offen. Im Hauptausschuss haben alle
Fraktionen am Montag zu der Frage Stellung genommen, ob die Stadt
Spremberg an der Ehrung Erwin Strittmatters zu dessen 100. Geburtstag
teilnehmen wird oder nicht. Das Ergebnis: Sie wird nicht! Die
Begründungen sehen so aus:
CDU-Fraktion
Hartmut Höhna erklärt: Die Diskussion ging nicht
einstimmig aus, aber die Fraktionsmehrheit ist dafür, dass
der Strittmatter-Verein prädestiniert dafür ist, sich
um das literarische Erbe des Schriftstellers zu kümmern und
den Geburtstag auszurichten. Strittmatter hat sich in zwei Diktaturen
integriert, er hat reihenweise Berichte geliefert. Es hat nie
jemand geschossen, aber Tote gab es immer. Es wurde nie jemandem
geschadet, aber die Gefängnisse waren voll. Man kann Verständnis
für Strittmatters Biografie haben, aber man muss ihn nicht
auf ein Podest heben. Gibt es eine Ehrung, nehmen wir nicht daran
teil.
SPD-FDP-Pro Georgenberg Slamen-Fraktion
Andreas Lemke erklärt: Die Frage ist, ob es zeitgemäß
ist, 2012 Strittmatter durch die Stadt zu ehren. Strittmatter
hat sich bei der mörderischen SS gemeldet und sich nach dem
Krieg von braun auf rot umlackiert. Auch privat war Strittmatter
kein Saubermann. Er hat sich mit Lehrern geprügelt und seine
Bäckerlehre nicht beendet. Auch seine Frau bezeichnete ihn
als stur und selbstbezogen. Auch in unserer Fraktion gibt es Strittmatter-Befürworter.?Aber?es
bleiben Einzelmeinungen. Ich möchte, dass die Lehrerschaft
des Gymnasiums sich mehr mit der Biografie Strittmatters beschäftigt.
Die Schüler müssen sich mit dem Zeugnis bewerben, auf
dem der Name dieser gescheiterten Legende steht. Da wäre
der Name davor, Karl Marx, besser. Ich möchte, dass der Bürgermeister
die Eignung als Ehrenbürger und als Namensgeber für
eine Straße prüft.
Die Linke
Dr. Ilona Schulz erklärt: Es geht nicht darum, Strittmatter
auf einen Sockel zu stellen, sondern sich mit seinem Leben kritisch
auseinanderzusetzen. Wir ehren diese Woche auch Friedrich den
Großen, dessen Biografie auch nicht nur unkritisch zu betrachten
ist. Wir müssen reden. Wir müssen uns damit auseinandersetzen,
warum Strittmatter so wenig gesagt hat. Darüber lässt
sich diskutieren und da dürfen wir uns als politische Verantwortliche
nicht heraushalten. Wir müssen Farbe bekennen und uns an
einer öffentlichen Würdigung beteiligen.
Spremberg-Land/Brandschutz VS
Harry Krause erklärt: Auch bei uns in der kleinsten
Fraktion sind nicht alle einer Meinung. Aber wir folgen der CDU-Fraktion,
Strittmatter von Seiten der Stadt nicht zu ehren. Ich würde
mir aber wünschen, wenn wir im Ältestenrat noch einmal
sachlich darüber diskutieren
Zum Thema
Spremberg (MB). In der Aula des Erwin Strittmatter Gymnasiums
findet heute (Sa) um 14 Uhr eine Veranstaltung mit Dr. Annette
Leo statt. Die Historikerin wird im Sommer eine neue Biografie
über den Schriftsteller herausbringen, die mehr Licht in
die Biografie des umstrittenen Literaten bringen soll.
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