Cottbus
(mk). Beinahe alle deutschen Standesamtsdrucker haben eines gemeinsam:
wenn in den Amtsstuben die Geburts-, Heirats-, oder Sterbeurkunden
aus den Druckern flattern, hat ein Alt-Schmellwitzer Betrieb dazu
einen Beitrag geleistet. Volker Kalisch führt seit 20 Jahren
die Firma Bürosysteme Kalisch. Vor fünf
Jahren hat er sich mit zwei Mitarbeitern in Alt-Schmellwitz niedergelassen.
Der Betrieb an der Schmellwitzer Straße ist nicht groß,
aber er überzeugt mit Qualität.
So ist er deutschlandweit einer von zwei Firmen, die Standesämter
beliefern. Die Anforderungen an die hier ausgestellten Dokumente
sind besonders hoch, sodass die Drucker an die Standesamtsoftware
angepasst werden müssen. Wer also egal wo er heiratet, seine
Heiratsurkunde begutachtet, hält auch immer ein Stück
Alt-Schmellwitzer Arbeit in den Händen.
In den Händen hält auch Harry Hamann etwas. Der Schmellwitzer
wohnt in der Kurzen Straße und beschneidet mit einer Gartenschere
einen Apfelbaum. Zuvor hat der 77-Jährige die Aussage eines
Nachbarn von gegenüber widerlegt. Dieser hatte einen Postboten
beobachtet, der in der Hoffnung, dass ein Nachbar sein Paket abnimmt,
an drei Haustürklingeln läutete.
Der beobachtende Nachbar von gegenüber kommentiert: Der
kann jetzt abdampfen. Beim 3. Grundstück ist er gescheitert.
Türen, so der Anwohner, gehen hier nur selten auf - auch
beim Zampern nicht, sodass der Zamperumzug die Kurze Straße
mittlerweile wörtlich links liegen lässt. Harry Hamann
stört das. Wir machen immer auf, sagt er und
legt bereits das zweite Nachbar-Paket des Tages vor seinen Hauseingang.
Eine Straße weiter schiebt eine 40-Jährige einen roten
Kinderwagen über die Walther-Rathenau-Straße. Einen
befestigten Fußgängerweg gibt es hier nicht. Trotzdem
antwortet die zweifache Mutter auf die Frage, ob es etwas gibt,
was sie in Alt-Schmellwitz stört, sofort: Mir fällt
nichts ein. Wir fühlen uns hier wohl und wollen nicht mehr
weg.
Ähnlich geht es auch der Physiotherapeutin Gabriele Kuhle.
Im Alter von 25 Jahren hat sie in Alt-Schmellwitz den Schritt
in die Selbstständigkeit gewagt. Am 6. Januar feierte sie
mit ihren 4 Mitarbeitern und Gästen das 20. Jubiläum.
Die in Branitz lebende Physiotherapeutin sagt: Es gibt Zeiten
in denen ich über Schmellwitzer Ereignisse besser informiert
bin, als über Branitzer. In der Praxis und bei den
Hausbesuchen eine Stütze und Hilfe zu sein, ist das, was
ihr Freude am Beruf bereitet. Die Menschlichkeit will sie sich
bewahren. So vergesse ich die zunehmende Bürokratie
und immer enger werdende finanzielle Rahmenbedingungen,
sagt die Physiotherapeutin, die ihrer Familie und den Mitarbeitern
für die Unterstützung dankt.
Nur ein Jahr jünger ist Carsten Matthieu, der 1989 einer
der letzten DDR-Meister im Sanitär und Bauklempnerhandwerk
wurde. Der 47-Jährige hat den Alt-Schmellwitzer Betrieb 1989
von seinem Vater übernommen. Er sagt: Am liebsten saniere
ich Bäder. Es ist toll zu sehen, wie der Raum immer schöner
wird. Auf der Cottbuser Handwerkermesse am 11. und 12. Februar
wird er zu sehen sein.
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Bild oben: In der Werkstatt von Volker Kalisch (Mitte) werden
unter anderem per Hand Druckerpatronen auseinandergenommen, gereinigt
und Verschleißteile ersetzt. Er beliefert auch die deutschen
Standesämter. Links arbeiten Andreas Branke und rechts Sabine
Rykowski in der Werkstatt. Bild unten: Alt Schmellwitz zum Anbeißen:
Vor eineinhalb Jahren übernahm der Fleischermeister
Hartmut Jende (rechts) auf dem Foto mit Fleischermeister Mario
Kschammer und Fleischergeselle Marian Hoppe (v.l.) die aus Schmellwitz
kaum wegzudenkende Fleischerei Britza Fotos:
Mathias Klinkmüller
Der
Alt-Schmellwitzer Harry Hamann, der seinen Apfelbaum beschneidet,
zog vor
50 Jahren nach Cottbus
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