Cottbus.
Worum es eigentlich geht, wissen an diesem Vormittag die allerwenigsten
Zuschauer im Haus. Die sind grad acht bis elf Jahre alt und kümmern
sich wenig um die Triebe eines alten Lustmolchs, der, auch noch
wegen der peinlichen Verwechslung eines Briefes, der schönen
Nachbarin nachstellt. Immerhin humpelt der reiche Venezianer schön
steif und breitbeinig, und Harlekin hört nicht auf, Faxen
zu machen, Purzelbäume zu schlagen und Vorhänge ganz
spaßig auf und zu zu ziehen. Es gibt reichlich zu kichern
und oft genug auch laut zu lachen. Genau das ist auch die Absicht
des Genres, das hier getanzt wird: Commedia dellarte, wie
sie auf italienischen Jahrmärkten gespielt und, weil herzerfrischend,
bis heute in der Welt nicht vergessen wurde.
Als klassisches Ballett trägt sie sich eher selten zu auf
seriösen Bühnen. Aber wenn Männer wie Giorgio Madia
(wir erinnern uns an das köstliche Chopin imaginaire
hier in Cottbus) Regie und Choreografie besorgt, gelingt die federnde
Leichtigkeit, die solch ein Projekt braucht. Dazu hat Cordelia
Matthes als Tanzzimmer Venezianisches auf Stoff gezeichnet.
Harlekin Nicholas Poggiali (alternierend zu Grünebaum-Preisträger
Christian Schreier) springt ohne Übertreibungen liebenswert
durch den Salon und scheint über Venedigs Kanälen zu
schweben. Den Pantalone gab für uns Ville Valkonen, seine
Tochter ist Denise Ruddock, im schönen Pas de deux mit ihrem
Verlobten István Farkas; Weinina Weilijiang tanzt die begehrenswerte
Nachbarin, Jennifer Hebekerl deren Dienerin, die Pantalones Diener
Marek Ludwisiak abbekommt. Dann kann die Colombina von Inmaculada
Marín López nur noch zu Florindos Diener passen
- eben dem Harlekin. Ein herrliches Ballett. Bitte: Auch Erwachsene
vergnügen sich gern so niveauvoll.
Unglaublich: Weinina Weilijiang tanzte die Vorstellung mit gebrochenem
Mittelfuß. Der Unfall geschah bei der Probe; nun steckt
der Fuß in Gips. Gute Besserung! J. Heinrich
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Pantalone
(Ville Valkonen) nähert sich der hübschen Nachbarin
Flaminia (Weinina Weilijiang) und deren Dienerin Corallina (Jennifer
Hebekerl) - Szene aus der Tanzkomödie Harlekin,
die auch für Kinder, aber keineswegs nur für sie aufgeführt
wird Foto:
Marlies Kross
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