Cottbus
(h). Das Publikum scheint seinem Theater begeisterter zu folgen
denn je. Nie vorher war solches Gedränge bei der Spielplanpräsentation
im Park wie letzten Sonntag. Superstimmung, frohes Erwarten, lauter
Lust auf Komödie, Tanz, Gesang und Trauerspiel. Die 13 Spielstationen,
leider ohne die Podien, die noch bis zum Vorabend beim (wenn auch
dem Regen geopferten) Hauptmann von Köpenick gebraucht
wurden, waren dicht umringt. Beifall schwoll ein ums andre Mal
durch Pücklers Revier. Am Schluss sahen Tausende ein Solistenkonzert
erster Güte.
Nicht ganz so gelöst lief die Presseinformation zuvor. Ohne
danach gefragt zu sein, luden Intendant und Geschäftsdirektur
Frust ab. Zwar sei die Spielzeit 10/11 die turbulenteste
seit 1990 gewesen mit Höhepunkten, Skandal, Preisverleihung,
hochwertigen Inszenierungen und Theaterdiskussion, aber...
Dieses Aber erklärt sich dem Betrachter schwer, wenn Intendant
Schüler sagt, das Theater sei bis 2014, also zum Ende
meines Vertrags, gut besorgt und finanziell ausgestattet.
Welches private Unternehmen könnte das 2011 mit gleicher
Sicherheit von sich sagen?
Gespräche mit der Landespolitik über spätere Finanzausstattung
findet Dr. Serge Mund ethisch grenzwertig, und er kündigte
seinen Vertrag.
Der technische Direktor Matthias Günther berichtet von Sanierungsarbeiten
für acht Millionen Euro. Eben werde der fünfte Bauabschnitt
(2,16 Mio Euro, Dach und hinterer Teil Fassade) abgeschlossen,
ein fünfter und letzter folge, womit dann Sicherheit hergestellt
sei und erstmals wieder alle richtigen Putti zu sehen seien.
Viel Geld für die Hardware, aber nichts für die
Kunst, klagt Martin Schüler. Er wurde sogar erhört.
Das Land legte 500 000 Euro zu. Jedoch: Im selben Moment kürzte
die Stadt ihren Anteil um eben diesen Betrag. Es bleibe dabei:
Zehn Jahre Stiftung ohne geringsten Budget-Zuwachs - unmöglich
bei dem allgemeinen Kostenwachstum, sagt der Intendant,
der auch Vorstandsvositzender der Kulturstiftung ist. Über
Geld wird also zu reden bleiben. Wo nicht heutzutage...
Nicht ungefährlich der Schüler-Satz: Wies
weiter geht, entscheidet wie beim Fernsehen die Quote. Will
er Trivialtheater zulassen? Die Cottbuser entscheiden über
ihr Theater, indem sie zu uns kommen, beharrt der Intendant.
Das will er ihnen bieten: 13 neue Inszenierungen der Sparten Schauspiel,
Oper und Ballett, acht Philharmonische Konzerte, dazwischen Gastspiele
und Sonderveranstaltungen. Das übergreifende Thema heißt
Familie, was im Repertoire, in Workshops mit Eltern und Kindern
und in neuen Angeboten durchschlägt. Wer will, kann im Kuppelfoyer
heiraten, und es gibt Mehrgenerationen-Gruppentarife.
Als Mehrspartenprojekt wird Anatevka (Der Fiedler
auf dem Dach) angelegt, und sicher freuen sich die Lausitzer auf
eine Familiensaga: Holger Teschke dramatisiert Strittmatters Laden.
Alle drei Teile in einem Stück. Schauspieldirektor Mario
Holetzeck: Vielleicht hole ich Oliver Breite als Esau...
Der hat als Oliver Bäßler hier schon den Ole
Bienkopp gespielt. Das war kein Quotentheater. Hnr.
|
Auf
der Familien-Bank saßen sie, als hinge der Haussegen
schief: weitmöglichst entfernt, meist voneinander abgewandt,
Serge Mund (r.) wenig interessiert, Intendant Schüler mit
etwas verzweifelt wirkendem Mut das Ende seiner Vertragszeit andeutend.
Nicht alles scheint gut bei Thalia & Co.
Hnr.
|