Cottbus
(h). Der Meister wird nächsten Sonntag 60. Die dazu
fällige Ausstellung im Kunstmuseum dkw scheiterte am nicht
akzeptierten Ansatz des Hauses. 15 Sammler aus Cottbus, Berlin
und Dresden, die ihn nunmehr auf einer ganzen Etage des Neuen
Rathauses präsentieren, wissen: Die Stärke und Kraft
dieses Malers braucht das Besondere auch in der Betrachtung. Zusammen
mit Hans Scheuerecker haben sie Bilder und Objekte aus ihren Sammlungen
zusammengetragen für diesen pikanten Ort: Hier saßen
die Fürsten der Bezirkskultur, die Scheuerecker in zählebiger
Provinzmanier den Zugang zum Künstlerverband verwehrten,
den er sich schließlich über den Berliner Zentralvorstand
erzwang. Sein umtriebig-geselliges Künstlerleben wurde kleinlich
beschattet und von eifrigen Kostgängern wichtigtuerisch protokolliert.
Ein wenig traurig durchblätterte er den Schund vor Jahren;
er trägt niemandem etwas nach.
Im thüringischen Römhild geboren, geriet Scheuerecker
über die Elektromonteur-Lehre in Eisenhüttenstadt nach
Cottbus. Im Malsaal des hiesigen Theaters begann sein Dasein mit
Pinsel und Farbe. Als Autodidakt erprobte er sich in unterschiedlichsten
Malweisen und an grafischen Arbeiten. 1984 begann die aktionistische
Periode unter anderem mit damals als dekadent definierten
Körperbemalungen und Faltrollo-Bildwerken. Sehr ertragreich
für alle Beteiligten wurde die Zusammenarbeit mit der Rockgruppe
Sandow, für die er Plattencover schuf und ein
Theaterstück ausstattete. Sängerin MOMO aus jener Zeit
wird der Vernissage jetzt die musikalische Farbe geben.
Mit der Wende näherte sich Scheuerecker großen Tafelbildern,
fand begeistertes und teils auch betuchtes Publikum und wurde
1992 erster und jetzt im Juni 2011 jüngster Brandenburgischer
Kunstpreisträger.
HerzKopfDinge heißt die Ausstellung ab 5. August
bis 29. September im Rathaus, wo Scheuerecker seit 1997 schon
im Foyer mit seiner Gestaltung Sachlichkeit in Stein
präsent ist. Auch an anderen zugänglichen Orten (Sparkasse,
CB Diskothek, dkw, Marie 23) begegnen die Cottbuser ihrem einst
durch Latzhose am fülligen Körper zur Marke gewordenen
Maler. Nach dem Geburtstag wird es an verschiedenen Orten auch
Keramik, Grafiken zu Gedichten und Fotos zu und von Scheuerecker
geben. Zunächst aber ist am 4. August jedermann willkommen
zur Eröffnung von HerzKopfDinge.
Rechts:
Längst stadtbildprägend: Skulptur 2000 aus
Stahl, ein Geschenk von Scheuerecker-Freunden an die Stadt
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Auf
großen Flächen erzählt Scheuerecker in zeichnerisch
teilweise extrem reduzierter Sprache und auf wenige Farben beschränkt
seine Geschichten von Liebe, Streit, Trauer, Leidenschaft, Schmerz
und heißem Hunger. Unbekümmert kannibalisch wie
die Natur selbst nennt Prof. Jörn Merkert dieses zerlegende
Bildermachen. Unsere Abbildung ist Titel der Einladung zur Ausstellung
am 4. August im Neuen Rathaus, Berliner Straße
Das
umfang-reichste Werk über Scheuerecker entstand in DDR-Zeit
in Autoren-gemeinschaft seiner Freunde, editiert am
Nordrand
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