Welch Glück und Hochgenuss, die weit gereisten Pantomimen
Wolfram von Bodecker und Alexander Neander, Meisterschüler
von Marcel Marceau (1923-2007), mit ihrem viel umjubelten Programm
Silence!, das 1999 den Berliner Publikumspreis erhielt,
am letzten Junisamstag im WerkEins erleben zu dürfen.
Beide Gebärdenkünstler, die sich zur heutigen Compagnie
Bodecker & Neander verbündeten, trugen mit Rasanz dazu
bei, die atemlose Stille zu einem unvergleichbaren Aha-Erlebnis
werden zu lassen. Wer konnte sich da wohl dem total aus dem Leben
schöpfenden Spiel entziehen? Hier ging die Rechnung des aus
dem Lateinischen stammenden Begriffes pantomimus - alles
nachahmend vollends auf, wobei auch die stille Musik
als wichtige Quelle der Eingebung das Künstlerduo bereicherte.
Hochinteressant zu verfolgen, wie sich der Zuseherkreis
den wundersam gedeuteten Vortäuschungen falscher Tatsachen
verständnisvoll hingab.
Völlig erstaunt darüber, wie sich bei einem selbst ohne
ein gesprochenes Wort allein durch Mimik und Gestik mal leichtfüßig
und dichterisch überhöht sowie ängstlich und couragiert
und dann wieder naiv und clever sowie selbstbewusst und warmherzig
das Innere der Seele unverstellt spiegelte. Ein möglicher
Vergleich mit einem Kaleidoskop, jenem Guckkasten, der durch Schütteln
und Drehen farbiger Glassplitter eine lebendig bunte Bildfolge
liefert, käme dem meisterlichen Pantomimenspiel beider Künstler
nur schemenhaft gleich.
Aus dem eineinhalbstündigen Gebärdenschauspiel können
aus Platzgründen nur der ersehnte gewittrige Regen bei musetthafter
Wassermusik, die vivaldischen Jahreszeiten des
Antonio im Blickfeld menschlicher Gefühle sowie der
spleenige Traum vom Möchtegern-Tenor Erwähnung finden.
Mit den spektakulären Pantomimen Wolfram von Bodecker (geb.
1969) und Alexander Neander (geb. 1970) und ihrem sensationellen
Silence-Programm wurde das Spektakel im wahrsten Sinne
des Wortes zu einer Aufsehen erregenden Show. Der zugabeerkleckliche
Beifallssturm für das preisgekrönte Duo verstieß
bewusst gegen den widersinnigen wilhelminischen Appell Ruhe
ist die erste Bürgerpflicht.
Adolf Auga
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Pantomimen
der hohen Schule, Wolfram von Bodecker und Alexander Neander
Foto:
Otto Pocher
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