Region
(ha). Viele Tankstellen wirken wie leergefegt. Immer mehr
Kraftfahrer in der Region schränken die Mobilität ein,
fahren gesitteter angesichts der explodierten Preise für
Super und Diesel.
Und wenn sich doch einmal ein Autofahrer durchgerungen hat und
hält, steht er oft ratlos vor den Zapfhähnen und studiert
die eilig angebrachten Infozettelchen, Hinweisschilder und Aufkleber.
Schließlich kommen bereitwillig helfende Tankwärter.
Sie sind längst ausgerüstet mit den Verträglichkeitslisten
für viele Automodelle. Diese Listen sind auch im Internet
abrufbar, so beispielsweise auf der Seite der Automobilhersteller,
der Automobil Treuhand, ADAC, VDA, KFZ-Gewerbe und vielen weiteren.
Dort sollen sie auch ständig erweitert und aktualisiert sein.
Rund 90 Prozent aller Fahrzeuge auf unseren Straßen
haben mit dem zehn Prozent Ethanol angereicherten Benzin keine
Probleme, stellt Gunnar Michler klar. Der DEKRA-Niederlassungsleiter
in Cottbus stellt jedoch in einem Zuge die Frage: Doch welche
Fahrzeuge verbergen sich hinter den restlichen zehn Prozent? Denn
Bio-Ethanol ist sehr gefährlich für Fahrzeuge, die nicht
darauf vorbereitet sind, so der Diplomingenieur für
Maschinenbau. Dieser Zusatz ist sehr aggressiv und kann in diesen
Fällen Dichtungen und Schläuche zersetzen. Auch Aluminiumteile
wie die Kraftstoffpumpe, das nicht aus resistenter Legierung gefertigt
wurde, hat keine Chance, wenn es mit Ethanol in Verbindung kommt.
Ein einmaliger Kontakt genügt und die Korrosion ist nicht
mehr zu stoppen, spricht der Fachmann Klartext. Deshalb
rät er, für alle Motoren vor dem Tanken abzuklären,
ob die Materialien den Zusatz vertragen. Das gilt nicht
nur für Autos sondern auch für Motorräder aber
auch Kettensägen, Rasenmäher, Motorsensen. Wobei diese
Gartengeräte oft robuster sind als die hoch entwickelten
Automotoren.
Kein Sparen
Wer die Preissäule an den Tankstellen studiert, wird einen
günstigeren Preis für die E10-Kraftstoffe feststellen.
Ob es letztendlich wirklich eine Einsparung ist, sehe ich
skeptisch. Rein rechnerisch enthält das Bio-Ethanol ein Drittel
weniger Energie als der fossile Brennstoff. Bei zehn Prozent Anteil
ergibt das einen rund 1,5 Prozent höheren Kraftstoffverbrauch
- theoretisch natürlich. Erste Praxistests haben ergeben,
dass pro 100 Kilometer ein knapper Liter mehr durch die Motoren
fließt. Ich muss aber darauf hinweisen, dass es bis
heute noch keinen Test auf den Leistungsprüfungsständen
gibt! Erst diese Untersuchung unter Laborbedingungen zeigen, was
unterm Strich übrig bleibt: günstigerer oder teurerer
E10-Kraftstoff.
Offene Fragen
Ebenfalls noch keine Antworten kann der DEKRA-Fachmann auf langzeitliche
Auswirkungen geben. Wir wissen nicht, wie halbvolle Tanks
reagieren von Fahrzeugen, die nur saisonal genutzt werden. Auch
zu Veränderungen der Kraftstoffeigenschaften nach längeren
Standzeiten sind noch nicht erforscht. Deshalb rät
der Ingenieur, besonders solche Fahrzeuge (noch) nicht mit E10-Kraftstoff
zu betanken. Mein Tipp ist, erst bei den Herstellern auf
Verträglichkeit erkundigen und im Zweifel lieber die Finger
von E10 zu lassen.
Der Rat zur Vorsicht wird durch die Aussage von Brandenburgs Verbraucherschutzministerin
Anita Tack und Berd Billing vom Bundesverband der Verbraucherzentral
untermauert. Sie fordern eine erweiterte verbindliche Garantieerklärung
der Automobilhersteller und eine unmittelbare Information der
Autobesitzer über das Kraftfahrbundesamt. Mit dem Verweis
auf die DAT-Listen und Aushänge an den Tankstellen könnten
sich die Autofahrer nicht zufrieden geben, heißt es in einer
gemeinsamen Pressemitteilung. Sollten Risiken mit der Benutzung
des E10-Kraftstoffs verbunden sein, ist es vertragliche Pflicht
der Autohersteller, ihre Kunden auf die Gefahren hinzuweisen.
Die bisherigen, sehr unterschiedlichen Erklärungen der Hersteller
reichen nach Einschätzung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes
nach wie vor nicht aus, um Rechtsverbindlichkeit herbeizuführen.
Mit diesen Aussagen zur fehlenden Rechtssicherheit tragen Ministerium
und Verbraucherschutz keinesfalls zu einer Entspannung an den
Tankstellen hin. Und so werden die Autofahrer weiter allein gelassen,
wenn sie grübelnd vor der Tanksäule stehen und finster
auf die Literpreise starren.
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Was ist E10?
E10 bezeichnet Benzin, das bis zu zehn Prozent Ethanol enthalten
kann. Bisher betrug der Ethanolgehalt bis zu fünf Prozent.
Das Ethanol wird aus Pflanzen gewonnen, die umweltverträglich
angebaut werden müssen. Deshalb wird auch von Bio-Ethanol
gesprochen.
Warum gibt es E10?
Die Biokraftstoffe sollen den Ausstoß an klimaschädlichen
Treibhausgasen wie CO2 reduzieren helfen.
Mit dem Einsatz von Bioethanol wird weniger fossiles Öl genutzt,
die Abhängigkeit von der Erdölwirtschaft soll erhöht
werden.
Wer verträgt E10?
Etwa 90 Prozent aller Fahrzeuge sind E10-verträglich, Neufahrzeuge
gelten in der Regel als tauglich. e Liste und Servicenummern der
Hersteller ist unter www.dat.de/e10 abrufbar.
Woran ist E10 erkennbar?
Zusätzlich zum Namen der Benzinsorte ist E10
angeben, beispielsweise Super E10.
Lässt sich mein Fahrzeug
für E10 tauglich rüsten?
In der Regel nein. Meist sind zu viele Komponenten nicht resistent
gegen das Bio-Ethanol.
Was tun nach dem Falschtanken?
Das Fahrzeug nicht starten und sofort die Fachwerkstatt anrufen
oder Kontakt zum Hersteller suchen. Das bloße Betanken kann
bereits einen Schaden verursacht haben.
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