Der 22. April ist für die Oberkirche St. Nikolai in Cottbus
ein dunkler Gedenktag. Vor 65 Jahren wurde an diesem Tag bei der
Eroberung der Stadt Cottbus durch die Rote Armee die Oberkirche
in Brand gesetzt. Vor zwei Monaten gedachten wir der gewaltigen
Zerstörungen, die der Bombenangriff am 15. Februar 1945 in
der Cottbuser Südstadt angerichtet hat. Da war das Stadtzentrum
noch heil geblieben, bis es am 22. April in Schutt und Asche gelegt
wurde. Am Abend brannte die Oberkirche lichterloh. Wie sie danach
aussah, lässt sich nur noch schwer vorstellen: ein offener
Himmel über riesigen Schuttmassen aus Gewölbesteinen
und Dachziegeln, alles verkohlt, zerborstene Fensterhöhlen,
eingestürzter Turm.
Erstaunlich ist es und ein Grund zu großer Dankbarkeit,
dass es damals nach dem Krieg mutige Menschen gab, die das wunderbare
gotische Bauwerk nicht dem völligen Zerfall preisgaben, sondern
sich mit großem Engagement bald nach dem Krieg für
einen Wiederaufbau einsetzten. Andere vergleichbare Kirchen, zum
Beispiel in Fürstenwalde und Beeskow, konnten erst nach Jahrzehnten
wiederhergestellt werden; und die alte Stadtkirche von Guben,
dem heutigen polnischen Gubin, wartet noch immer darauf. Es ist
wie ein Wunder, dass es damals gelang, die Cottbuser Kirche so
aufzubauen, wie sie vor 500 Jahren entstanden war: mit ihrem herrlichen
gotischen Sternengewölbe über den mächtigen Pfeilern.
Die anderen genannten Kirchen haben nach so langer Zeit ihre mittelalterliche
Architektur im Inneren fast völlig verloren.
Dass der kostbare Altar in der Feuerkatastrophe größtenteils
erhalten blieb, weil man ihn im Krieg rechtzeitig mit einer Schutzmauer
umgeben hatte, und der hölzerne Oberteil, der verbrannt war,
in Dresden wieder nachgeschnitzt werden konnte - das ist auch
ganz wunderbar. Und die anderen für die Gottesdienste notwendigen
Teile einer Kirchenausstattung Taufstein, Kanzel, Orgel
- verbrannt waren sie alle. Doch dann konnten damals in der DDR
herrliche Kunstwerke gefunden werden, die an ihren Ursprungsorten
nicht mehr benötigt wurden und werden, die aber das hier
Fehlende ersetzten, alle aus der vergleichbaren Zeit wie der Altar,
alle reich in Gold verziert. Nun bilden sie mit dem Altar ein
Viererensemble, das die Kirche im Inneren prächtig aussehen
lässt, so wie es die nachgebildete Turmhaube im äußeren
Erscheinungsbild der Kirche tut.
Damals vor 65 Jahren war die Oberkirche zu einem Mahnzeichen geworden
für das, was der von Deutschland ausgegangene Krieg überall
in Europa angerichtet hatte. Seit Jahrzehnten ist sie wieder wie
in früheren Jahrhunderten ein Bauwerk in unserer Stadt, das
Menschen anzieht und einlädt. So ist die wiedererstandene
Nikolaikirche ein Zeugnis christlicher Zukunftshoffnung, aber
auch ein unentbehrliches Wahrzeichen für die Stadt Cottbus.
(Christa Richter)
Am 22. April um 18 Uhr wollen wir in der Chorvesper daran erinnern.
Alle sind herzlich eingeladen.
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Die
Oberkirche heute -
Teil unseres Lebens
von
Dorothea Hallmann,
Pfarrerin i.R.
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