Region.
Sonntag jährt sich der Tag der Deutschen Einheit zum
20. Male. Am 9. November 1989 fiel die Mauer; im April 1990 gründete
sich die erste und letzte frei gewählte Regierung der DDR,
um sich bald selbst überflüssig zu machen. Am 20. September
1990 stimmten die Volkskammer der DDR und der Deutsche Bundestag
dem Einigungsvertrag zu. Am 3. Oktober 1990 wurde die Einheit
vollzogen. Der OB blickt zurück.
Wie haben Sie den 9. November 1989 erlebt?
F. SZYMANSKI: Zu Hause mit Freunden. Überrascht und
erwartungsvoll. Verständigung war nachts kaum möglich,
nur wenige hatten Telefon. Eine Vorstellung, welch historische
Zäsur für Deutschland und die Weltlager da geschah,
kam langsam auf.
Und wie war das ein knappes Jahr später, am 3. Oktober?
Da wurde gefeiert, auf der Datsche in Illmersdorf. Ich war zu
dieser Zeit Direktor der 24. Polytechnischen Oberschule, die dann
8. Gesamtschule wurde. Uns beschäftigte: Wie verändert
sich Schule? Mit Prof. Dittmer und Fritz Hollaschke, die mit der
FDP aktiv waren, habe ich an sozial-liberalen Bildungspapieren
gearbeitet. Bernhard Neisener, der schon im Rathaus saß,
kam für die SPD auf mich zu: Wir brauchen Bildungsleute.
So geriet ich in die Kommunalpolitik, war ab 93 Stadtverordneter,
94 schon Fraktionsvorsitzender.
Heute lassen wir blühende Landschaft für
Cottbus gelten. Ab wann glückte unsere Wende in der Praxis?
Die BuGa wurde zum Glückstreffer, der eine neue Linie in
die Stadtentwicklung brachte. Insgesamt sind in den 20 Jahren
deutscher Einheit öffentlich und privat zwei Milliarden Euro
in die Stadt investiert worden. Ein gigantischer Umbau, der Cottbus
wunderschön werden ließ. Vorher waren schon
die wichtigsten Eigentumsfragen geklärt, wodurch die Wohnungsgesellschaften
Handlungsspielraum fanden. Höchst kompliziert, anfangs schmerzhaft,
war der Rückbau von Wohnungen. Den hatte ich als Bauminister
zu vertreten. Wir entschieden uns für den Zwei-klang Rückbau
und Aufwertung im Bestand. Das war richtig. Cottbus hat immerhin
9 000 Wohnungen vom Markt genommen. Aus 20 Prozent Wohnungsleerstand
wurden gerade vertretbare 4 bis 6 Prozent.
Worauf sind Sie heute besonders stolz?
Dass wir Lernstadt sind. Ich habe selbst 1992 bis 1995 nochmal
berufsbegleitend Politische Bildung studiert. Das war gut. Ich
bin auch stolz auf unsere multikulturelle Stadtteilschule. Wenn
mir ehemalige Schüler heute auf der Straße sagen: Das
war ne gute Schule, dann ist alles okay.
Und was ist nicht so besonders gelungen?
Sicher manches. Aber das will ich nicht in Besserwisserei auflisten.
Mit Fehlern müssen wir umgehen.
Wie fühlen sich die Leute heute: als DDR-Ehemalige, als
Brandenburger, als Bundesbürger, als Preußen oder einfach
nur als Cottbuser?
Die Identität mit Cottbus und Brandenburg fühlt sich
hoch an. Überall wird der Rote Adler angestimmt.
Auch Bundesbürger sind wir zunehmend. Die Leute haben Starkes
vollbracht. Immerhin 500 von den mutigen 90er Neugründungen
sind als Unternehmen noch am Markt. Unternehmer haben viel für
die Stadt getan. Arbeit geschaffen und Vereine getragen. Nennen
wir manche davon ruhig unsere Helden. Einige davon haben sich
am Mittwoch in die Ehrenchronik der Stadt eingetragen. Und ich
glaube, alle Theaterfreunde sind auch stolz, dass unser langjähriger
Intendant Christoph Schroth am Sonntag das Bundesverdienstkreuz
erhält. Mit uns haben in den beiden Jahrzehnten großartige
Menschen diese aufregende Zeit gestaltet.
Was wünschen Sie Cottbus zum 25. Jahrestag der deutschen
Einheit?
Deutlich weniger Arbeitslose, deutlich mehr solide Schulabschlüsse,
viele Studierende. Und natürlich erfolgreiche Ansiedlungen
im Technologie- und Industriepark (TIP).
Wie verbringen Sie diesen 3. Oktober?
Ich bin beim Staatsakt in Bremen und dann schon unterwegs nach
München. Dort beginnt am Montag die EXPO REAL 2010. Wir öffnen
unser Fenster für Wirtschaftsansiedler. Wir Cottbuser als
Teil unserer Energieregion.
Danke, dazu alles Gute.
Die Fragen stellte J. Heinrich
|
Jeder
Mappenstapel ein Stück Veränderung für Cottbus.
Fotografen haben kaum Zutritt zum Arbeitsplatz von Oberbürgermeister
Frank Szymanski. Dies ist die Ausnahme am Vorabend des 20. Jahrestages
der deutschen Einheit. Ein Festtag für mich,
sagt er
Foto:
Hnr.
|