Cottbus.
Das deutsche Märchen als Schaubudentheater. Ein
Einfall, der Carl Zuckmayers (1896-1977) bestes und meistgespieltes
Stück etwas zerfusselt und die komischen über die tragischen
Passagen hebt, aber er hat manches für sich. Der Hauptmann
von Köpenick wird zum Hauptmann von Cottbus am Originalschauplatz
Von-Alvensleben-Kaserne, der Kommadeurs-Bungalow mit
Uhrturm (noch Sitz des Bundeswehr-Standorthöchsten) mutiert
zum Köpenicker Rathaus. Authentischer gehts nicht.
Und das lästige Rumgelaufe zwischen vielen Spielorten
hat System: Der geplagte Zuschauer fühlt Verständnis
für den armen Schuhmacher Wilhelm Voigt, der die Ämter
abklappert und an Bürokraten scheitert. Erst der Mensch,
dann die Menschenordnung zürnt er, und sein erregter
Schwager warnt erschreckt: Wilhelm, du pochst an de Weltordnung!
Diese schöne Szene zwischen Michael Becker und Thomas Harms
oder auch die Geschwisterdialoge T. Harms - Susann Thiede und
die Sorge des früh gealterten Haftentlassenen um das arme
sterbende Mädchen (Elisa Elß) sind anrührend gespielte
Momente, anderes wird (manchmal zu stark) kabarettistisch überzogen.
Alles in allem bereitet diese ungewöhnliche Inszenierung
allbekannten Stoffs von Peter Kupke, einem an vielen Theatern
bewährten, routinierten Regisseur viel Freude - dem Ensemble,
wie jeder spürt, und auch Zuschauern, die für eine der
zehn Vorstellungen (bis 11. Juli) eine der gleich knappen Karten
ergatterten.
Vorm Spiel enfaltet sich im Kasernenhof einfallsreich inszenierter
Zeitgeist von 1906 mit Blasmusik, Zirkus, Automief und Stiefelklappern.
Hans-Holger Schmidt (Bühne) und Ulrike Schlafmann (Kostüme)
hatten viel preußischen Platz. Sie haben ihn ausgefüllt.
Heinrich
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Kalle (Oliver
Seidel, l.) und Wilhelm Voigt (Thomas Harms) planen einen Coup,
Plörösenmieze Gabriele Lohmar macht Millieu (oben).
Rechts: Glücksmoment für das arme Berliner Mädchen
(Elisa Elß). Unten: Der Mantel wirkt, Jungoffizier Amadeus
Gollner strafft sich Fotos:
Marlies Kross
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