Region
(gg). Das Maß an Übereinstimmung zwischen Naturschützern
des NABU (Naturschutzbundes Deutschland) und den Teichwirten wird
gleich am Anfang des DoppelPunkts deutlich. Teichwirtschaften
sind wichtige Ökosysteme. Enten, Fischotter, Reiher, Unken
und Laubfrösche gäbe es weit weniger, wenn Fischwirte
nicht den Kreislauf des Wassers regeln würden. Denen aber
steht selbiges bis zum Hals, seit 1990 die EU-weite Vogelschutzrichtlinie
in Kraft trat. In nur zehn Jahren allein hat sich der Kormoran-Bestand
in Europa verzwanzigfacht. Fischwirt Christoph Junghanns aus Eulo
spricht also von den Problemen einer ganzen Branche, wenn er schildert,
was er am Donnerstag an seinen Teichen erlebt hat: Wir haben
bis zu 90 Prozent Verluste nach dem Winter bei den einjährigen
Karpfen, die eigentlich die Grundlage unseres künftigen Ertrags
sind! Das, was in den Netzen nach drei Zuchtjahren noch
landet, weist ebenfalls starke Schäden durch Bissverletzungen
auf. Seine 230 Hektar Teichfläche ernähren ihn nur noch
mühsam. Dabei liebt er seinen Beruf, hat die Begeis-terung
an seine Söhne weitergegeben. Seine Verzweiflung hält
er tapfer im Zaum, damit sich eine sachliche Diskussion entwickeln
kann. Dennoch fordert er: Vergrämung allein reicht nicht,
Fischwirte sind auch keine Jäger und habenkeine Zeit für
wirksamen Abschuss. Jemand müsse die Tiere bis auf ein Mindestmaß
zurückdrängen, damit Karpfenzucht wieder lohnt. Er fühle
sich von der Politik allein gelassen, wie nach einem Unfall mit
Fahrerflucht! NABU-Geschäftsführer Wolfgang Mädlow
geht das zu weit. Zwar weiß er um die Probleme der Fischwirte,
aber: Der Kormoran gehört seit Jahrtausenden ins Ökosystem,
er war nur im 19. / 20. Jahrhundert nahezu ausgerottet. Die Natur
setzt den Rahmen, in dem wir uns bewegen sollten. Deshalb sind
wir für punktuelle Maßnahmen, wie Teichschutznetze
oder geschlossene Aufzucht, damit Fischwirte und Tiere nebeneinander
eine Chance haben!
Das gefällt den Fischern nicht und sie verweisen auf die
Ökofunktion der Teiche, die durch solche Pläne gefährdet
würde. Landschaftsplaner Christoph Gerstgraser, der die Teiche
in der Spreeaue entwickelte, schildert, was auf dem Spiel steht:
Dort spielt sich gerade ein nachhaltiges Ökosystem
ein, in dem der Kormoran schlicht stört! Mädlow
schlägt politische Lösungen vor: Bauern erhalten
für ihre Flächen Premien. Auch Fischwirte sollten finanziell
für ihre Naturschutzarbeiten entschädigt werden!
Für Fischer Junghanns bestenfalls eine Übergangsregelung,
damit nicht noch mehr Teiche wegen Insolvenz trocken fallen und
damit mehr Naturschutzschaden als jemals durch Kormoran-Bejagung
angerichtet wird. Lars Dettmann als Vorsitzender des Landesfischereiverbandes
mischt sich ein: Man kann doch Fischer nicht fürs Fischfüttern
bezahlen! Es braucht auch wirtschaftliche Effekte und einen Kompromiss
zwischen Ausrotten und Nichtstun. Den zu finden - darauf käme
es an! Dafür haben Fischer und NABU schon eine ungewöhnliche
Allianz geschmiedet. Beide nämlich sind in Brüssel für
eine Entschädigung der Fischer eingetreten. Nun müsse
der Dialog für eine nachhaltige Lösung weitergehen,
ist man sich einig. Ingolf Arnold, Wasserexperte von Vattenfall,
sagt, was wohl auch Naturschützer an diesem Abend erkennen:
Das praktische Wissen der Fischwirte um die Vorgänge
an den Teichen muss an die Ohren in Brüssel! Vögel
scheren sich nicht um Ländergrenzen, deshalb braucht es die
große Lösung!
Harald Wilken, NABU-Sprecher in Cottbus, bekräftigt, dass
es selbst bei den Naturschützern Einsichten gibt: Kormorankolonien
und Fischzucht - das geht nicht zusammen. Wenn die Politik nicht
nur vom Schreibtisch entscheiden würde, dann kämen auch
Lösungen zustande! Eine wichtige Einladung geht an
diesem Abend schon über den Tisch: Wolfgang Mädlow wird
demnächst die Spreeauenteiche erkunden, um Fischwirt Junghanns
Probleme hautnah zu erkunden. Immerhin ist der Karpfen der Fisch
des Jahres 2009. Viele weitere Aspekte des Naturschutzes am Teich
werden beredet. Für die Sachlichkeit loben sich am Enden
alle.
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links:
NABU-Brandenburg-Geschäftsführer Wolfgang Mädlow:
Nach dem Kormoran droht dann auch dem Fischotter die Jagd?
rechts: Fischwirt Christoph Junghanns: Für die Fischwirte
ist es fünf nach zwölf! Mit ihnen stirbt auch unverzichtbarer
Naturschutz
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23. April
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