Cottbus
(gg). Die rote Heidi - so hat sie ihre eigene Familie
genannt, denn so richtig fand Heidrun in der evangelischen Gemeinde
ihrer Eltern in Fürstenwalde nicht die vorwärtsdrängenden
Elemente, wie sie sie in der FDJ fand. Für die christliche
Prägung, sagt sie, ist sie dankbar, aber das Machen lag ihr
schon immer. Deshalb ging es nach dem Ökonomiestudium auch
nicht lange mit ihrem Job in der Datenverarbeitung der Kreisverwaltung
ihres Heimatortes: Man konnte in einer Kreisverwaltung schon
damals nicht viel Betriebswirtschaftliches anwenden und kann es
wohl heute auch noch nicht! Langweilig - urteilt sie heute
und offenbart damit auch gleich ihre ziemlich unverblümte
Art. Mit der erarbeitete sie sich auch ihren Stand in der Kugelgraphiteisengießerei
der Stadt. Dort zahlte sie Lohn aus und bekommt noch heute große,
begeisterte Augen, wenn sie über die kraftvolle Arbeit in
der Werkhalle, über magnetische Vorgänge beim Gießen
des extrem harten, aber spröden Werkstoffs redet. Das
hat mich geerdet, sagt sie und erinnert sich an die Einblicke
in die weniger priviligierten Schichten der Gesellschaft - nicht
wenige quittierten auf den Lohnzetteln mit Kreuzen statt mit Unterschriften.
Ihre kaufmännisch-medizinische Karriere beginnt, als sie
ihren Mann kennenlernt, Augenarzt und als solcher bald Major am
NVA-Krankenhaus in Bad Saarow. Heidrun Grünewald steigt in
die Forschungsabteilung der Klinik ein. Mit diesem Beginn aber
endet auch ein Traum, den sie bis heute träumt: Sie hätte
gern promoviert, sich ganz den Zahlen und den dazugehörigen
Hintergründen gewidmet - Controllingprozesse geleitet. Daraus
wurde nichts - zwei Kinder und ein Mann in Facharztweiterbildung
brauchten sie als Haushaltsvorstand. Als die Klinik 1990 privatisiert
wird, rückt sie in die Chefetage als Vize-Geschäftsführerin.
Aus dieser Zeit stammen heute ihre Argumente gegen Privatisierungen:
Man dachte, da kommen die Investoren mit dem großen
Geld. In Wahrheit gab es 50 000 Euro Stammkapital und für
den Riesen-Gewinn sorgte das hochmotivierte Personal! Man
könne Privatisierung nicht generell verurteilen, aber, sagt
sie: Was man selbst genauso gewinnbringend und besser machen
kann, das muss niemand in Köln einstreichen! Dass zu
beweisen, daran gibt sie im CTK seit 1995 täglich 10 bis
14 Stunden ihrer Zeit. Und sie weiß, dass die Ärzte-
und Schwes-ternschaft genauso hart arbeiten und nicht nur deshalb
die Stimmung im Haus mitunter mies ist. Will sich damit aber nicht
begnügen: Mit rund 1000 weiblichen Mitarbeitern tun
wir viel für Familienfreundlichkeit, aber gesehen wird oft
nur das, was nicht klappt! Jeder an seinem Platz müsse
sich als wichtiges Rädchen an der Image-Stellschraube verstehen
- ein schwieriger Prozess, der in großen Häusern deutschlandweit
Sorgen mache.
Dass das Klinikum zur Zeit 17 Ärzte suche, sagt Grünewald,
sei normal und durchaus kein Zeichen für einen Mangel: Wir
waren vor sechs Jahren 279 Ärzte, sind heute 318 und lösen
Schritt für Schritt die Aufgaben aus Altersausscheiden und
Wechseln, die zum Alltag gehören! 16 Prozent der Ärzte
seien heute schon hoch qualifizierte Ausländer. Pläne
für eine eigene akademische Ausbildung erläutert sie
mit viel Detailwissen über Finanzierung und einer aufgeschlossenen
aber auf Langfristigkeit angelegten Grundposition.
Es sei durchaus ein Fehlschluss, dass das Klinikum im Gegensatz
zur umgebenden Stadt immer mehr wachse, sagt sie: Unsere
Bettenzahl geht zurück! Wir bauen zwar unentwegt, aber vorwiegend
an modernen Standards mit mehr Platzbedarf für Diagnostik
und Patientenkomfort - nicht um zu wachsen!
Damit die Klinik Zukunft habe, gelte es auch, die Kliniklandschaft
überhaupt neu zu ordnen: Spezialleistungen gehörten
in ein großes Haus, die Grundversorgung in die Breite. Da
sei noch viel zu beackern, manches in der Vergangenheit schief
gelaufen. Besonders stolz mache sie, dass die 1999 begonnene Planungskonzeption
für das CTK, heute endlich umgesetzt, immer noch aufgeht
und modern geblieben ist. Sie lobt ihre Architekten und weiß,
dass die wie die Bauleute noch bis 2021 zu tun haben könnten.
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Heidrun
Grünewald, Geschäftsführerin des Carl-Thiem-Klinikums
Cottbus zu ihrer Rolle als Chefin über 2300 Angestellte:
Ich bin kein Papst oder sonstwas ganz oben! So ein Riesen-Betrieb
funktioniert nur, wenn jeder Mitarbeiter als Rädchen auf
seine Weise mitdreht!

Das
Carl-Thiem-Klinikum - bis 2014, dem 110-jährigen Geburtstag,
will Geschäftsführerin Heindrun Grünewald noch
an seiner Spitze bleiben Foto:
S. Ramisch
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Am
19. März
reden wir über:
Namibia
- kulinarische und fotografische Blicke ans schönste Ende
der Welt mit dem Cottbuser Stefan Fischer, Chefredakteur der Allgemeinen
Zeitung Windhoek
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