Cottbus
(gg). Die Reformation in Cottbus hat ein Datum: 1537 am Fronleichnamstag
und damit zwei Jahre vor der offiziellen Reformation des Landes
Brandenburg unter Kurfürst Joachim II., wurde in der Ober-
und Klosterkirche das erste Mal eine evangelische Predigt gehalten.
Johann Ludicke und Johann Mantel waren die Prediger, die beide
aus der Lutherschen Schule aus Wittenberg kamen. Letzerer ist
in einem Straßennamen verewigt, ebenso wie der große
Reformator. Aber auch andere Zeitgenossen Luthers fanden ihre
Widmung im Stadtbild: Der Huttenplatz, die Melanchtonstraße
oder die Thomas- Münzer-Straße erinnern an Zeitgeschichte
zwischen Bauernkrieg und Thesenanschlag, die die Bürger-
und Kirchengemeinde in Cottbus zwar veränderten, hier aber
nie zu wirklichen Aufständen führten, berichtet Dr.
Christian Lehm im Geschichststammtisch im Presse-Café Doppeldeck.
Wichtigster Streiter für die Lutherischen Ideen war Jannis
Briesmann, dessen Schrift Unterricht und Ermahnung an die
christliche Gemeinde zu Cottbus zuletzt 1939 gedruckt und
aufgelegt wurde - ein Umstand, den die Heimatgeschichtler gern
ändern möchten - am liebsten zum nächsten Lutherjubiläum
2017. Briesmann erlangte nach seiner Cottbuser Zeit ab 1522 zu
Ehren als einer der Gründer der Königsberger Universität.
Er starb später an der Kurischen Nehrung. Weil dem bedeutenden
Manne in Cottbus nur ein kleines unscheinbares Straßenstückchen
gewidmet ist, blieb sein Verdienst vielen unbekannt.
Die Cottbuser haben der Erneuerung ihrer Kirche jedoch stets mit
Regelmäßigkeit gedacht. Die 100. Wiederkehr der Reformation
wurde gefeiert, 1717 erlebte die Stadt das 2. Jubelfest zur Einführung
der Reformation. 1902 sind zugunsten eines Kirchenneubaus, der
1912 als Lutherkirche geweiht wurde, große Lutherfestspiele
in den Stadtsälen veranstaltet worden.
Ein zweites, weit jüngeres Datum ist mit der Reformation
in Cottbus verbunden: 1983 häuften sich anlässlich des
offiziellen DDR-Luthersjubiläums auch die Ehrungen in unserer
Stadt: Das Lutherdenkmal von Heinrich Goetschmann 1910 geschaffen,
rückte man zum Anlass an den Lutherplatz (fünf Jahre
später zum Schutz vor Vandalismus aber wieder zurück).
Die Tage der Heimatgeschichte ehrten den Reformator mit einer
lokalen Spurensuche und das Luther-oratorium des damaligen
Cottbuser Kirchenmusikdirektors Lothar Graap wurde zum Kirchentag
in Frankfurt/Oder uraufgeführt.
Auch eine Apotheke trug Luthers Namen. Sogar die Schule in der
Dresdner Straße, heute Straße der Jugend, wurde Lutherschule
genannt. Manches ging verloren durch die Wirren der Kriege und
Regime. Unter anderem auch die Lutherrose, die in Bleiglas die
Fenster neben dem Hochaltar der Lutherkirche schmückte. Dora
Liersch weiß: Noch heute reißt der Putz an der
Stelle, wo die Fenster waren! Zur Pilgerstätte, wie
die Eisenacher Lutherstube mit dem berühmten Tintenfleck
hat das allerdings nie gereicht.
|
Ältestes
Erinnerungsstück der Stammtisch-runde: Dr. Christian Lehm
besitzt noch ein Plakat, das die Lutherfestspiele 1901 in Cottbus
ankündigt. Platzkarten gab es ab 50 Pfennigen, der Erlös
wurde für den Neubau der Lutherkirche verwandt Foto:
Gabi Grube
|