Region
(gg). Augenscheinlich ist ein Pflegenotstand wenigs-tens dem Patienten
noch nicht augenfällig genug, sonst wäre das Interesse
an einer Podiumsdiskussion im Cottbuser Carl-Thiem-Klinikum (CTK)
am Mittwoch sicher größer gewesen. Die Gewerkschaft
ver.di hatte zum Thema Zukunft der Krankenhausfinanzierung
- der Deckel muss weg in den Hörsaal des CTK eingeladen.
Rund 20 Teilnehmer kamen, vor allem aus den Reihen des Pflegepersonals,
auf deren Rücken gerade die Sparpolitik der öffentlichen
Kassen ausgetragen wird. Seit 1993 gilt: Die Ausgaben für
die Gesundheitsversorgung in Deutschland sind an die Grundlohnsumme
gekoppelt. Das heißt: Je weniger die Deutschen im Durchschnitt
verdienen, desto weniger darf für ihre Gesundheits aufgewendet
werden. Eine Deckelung, die dazu geführt hat, dass Länder
und Kommunen immer weniger Geld für nötige Investionen
an Kliniken zur Verfügung stellen und dafür beim Personal
gespart worden ist. 50 000 Pflegestellen wurden deutschlandweit
in den vergangenen Jahren abgebaut. In Brandenburg sind 585 Pflegestellen
auch deshalb nicht besetzt, weil das Geld als Klinik-Eigenanteil
für Investitionen gebraucht wird, erklärte Herbert Weißbrod-Frey,
ver.di-Gesundheitsexperte. Kathrin Möbius, Geschäftsführerin
des Spremberger Krankenhauses beschreibt weiterreichendere Auswirkungen:
Bislang konnten wir übermäßigen Personalabbau
dadurch verhindern,dass auf Weihnachtsgeld und Lohnerhöhungen
verzichtet wurden. Das ist aber nicht mehr länger durchzuhalten!
Bei gestiegenen Aufgaben, bei einem enormen Patientenzuwachs,
bei explodierenden Sachkosten sei das Personal seit zehn Jahren
konstant geblieben.
Erstmals ist deshalb aus Gewerkschaftern und Krankenhausleitungen
eine Allianz gegenüber der Bundesregierung geworden. Die
Forderung: Mehr Geld für mehr Personal! Außerdem, so
Weißbrod-Frey: Für jedes Krankenhaus ist verbindlich
geregelt, wieviel Fluchtreppen und Brandschutztüren es braucht
- es fehlt hingegen eine gesetzliche Regelung für das Selbstverständlichste,
nämlich das Mindestpersonal, was man für die Patientenversorgung
braucht!
Till Frohne, Justiziar des CTK, will als Zuhörer an globalere
Zusammenhänge erinnern: Es braucht die Betrachtung
des gesamten Gesundheitswesens. Verschwendung gibt es bei Arzneimitteln
und medizinischen Hilfen - Rollatoren, Orthesen oder Krücken
könnten wiederverwendet werden!
Die Ausgewogenheit Brandenburgischer Krankenhausinvestitionen
verteidigte Landtagsabgeordnete Birgit Wöllert (LINKE). Das
Land läge dabei über bundesdeutschem Durchschnitt. Deutschlandweit
allerdings laufe man einem Investitionsstau von 50 Milliarden
Euro hinterher. Gegen den weiteren Abbau von Personal sind auch
für die Zukunft keine Schranken eingebaut.
Um diesen Zustand zu ändern, haben sich für den 25.
September rund 700 Protestler aus Pflegeberufen und Gewerkschaft
in Berlin zur Großkundgebung verabredet.
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Landtagsabgeordnete
Birgit Wöllert (LINKE), ver.di-Gesundheitsexperte Herbert
Weißbrod-Frey, CTK-Personalratschefin Angelika Herfarth,
Kathrin Möbius, Geschäftsführerin des Spremberger
Krankenhauses und Moderatorin Helga Bunke (ver.di, von links)
sprachen über die Auswirkungen und die Zukunft der Krankenhausfinanzierung.
Tenor: Erstmals sind sich Gewerkschafter und Arbeitgeber einig,
dass die Grenzen bei der Arbeitsbelastung des Pflegepersonals
erreicht sind. Gemeinsam wollen sie in Berlin für eine bessere
Politik protestieren
Foto: Gabi
Grube
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