Cottbus
(gg). Die LINKE trifft an diesem Wochenende in Cottbus zu
ihrem ersten Bundesparteitag nach der Vereinigung von PDS und
WASG zusammen. Mehr Journalisten als zum Gründungsparteitag
sind dazu angemeldet. Dabei, so sagt Landesvorsitzender Thomas
Nord im Doppel:Punkt, sind die brisanten Themen bereits im Vorfeld
aus der Welt geschafft worden. Die Kandidatur von Sahra Wagenknecht
von der kommunistischen Plattform für den Vize-Parteivorsitz
zum Beispiel.
10 000 Mitglieder von den heute 72 000 in der Partei waren
vorher nicht in der PDS - viele aus den alten Bundesländern
- da gibt es andere Sozialisationen, Themen und viele Spannungen
auszuhalten, schildert Nord die Lage ein Jahr nach der Fusion.
Dass Cottbuser Realpolitik, die vor Bürgermeisterwahlen CDU
und LINKE in ungewöhnliche Koalitionen trieb, in Brandenburg
nicht so exotisch sind wie sie vor Ort anmuten - das sagt er in
Übereinstimmung mit seinem Parteikollegen Lothar Nicht, der
als Beigeordneter mit ihm an diesem Abend das Podium teilt. In
der Prignitz gibt es seit 1992 eine Koalition zwischen PDS und
CDU - die Konservativen baten nur darum, nicht so laut darüber
zu reden.
Auch in Cottbus habe allein dieser Schulterschluss Oberbürgermeister
Frank Szymanski ins Amt geholfen, witzelt er: Hätten
wir Holger Kelch nicht unterstützt, wäre Szymanski nicht
an Martina Münchs Kandidatenstelle gerückt und folglich
heute nicht Oberbürgermeister!
Dass möglichst viel von der einstigen gemeinsamen Erklärung
der Stadtverordneten den Kommunalwahlkampf im Sommer überdauert,
wünscht sich auch Lothar Nicht. Obwohl er - mehr als viele
seiner Genossen - ganz klar dafür ist, dass auf Landes- und
Bundesebene der Wille zu regieren die Grundlage allen politischen
Bemühens sein muss. Dieses Signal sollte auch vom Parteitag
in Cottbus ausgehen, fordert er. Der steht unter einem guten Umfragestern.
Doch Werte von bundesweit um 13 bis 15 Prozent freuen Thomas Nord
nur bedingt: Wir profitieren von der schlechten sozialen
Lage der Menschen - das schmälert die Freude. Wenn wir Erfolg
haben, arbeiten wir eigentlich daran, uns selbst abzuschaffen.
Aber das ist noch ein weiter Weg!
Die Vorstellung, dass daraus auf Landesebene nach der Landtagswahl
2009 eine greifbare Option werden könnte, ist für Thomas
Nord eher eine mit vielen Fragezeichen: Es gibt derzeit
mehr Antipoden als Gemeinsamkeiten zwischen Rot und Rot, obwohl
es Sondierungsgespräche schon seit 1999 gibt, sagt
er. Ein Disput dürfte sich bis zur Wahl eher noch zuspitzen
als zerstreuen: Die unterschiedlichen Positionen zur Energiestrategie
des Landes. Die Parteiführung unterstützt bekanntlich
die Volksinitiative gegen den Aufschluss neuer Tagebaue in der
Lausitz. Nord erklärt: Man tut so, als brauche man
keinen Plan B für den Fall, dass die Abscheidung und Lagerung
von CO2 nicht funktioniert. Mit der Versteigerung der CO2-Zertifikate
ab 2013 verschärft sich das Problem der Effizienz und der
Kosten - da sollten sich die Akteure offen die Karten legen und
nicht so tun, als täten Alternativen nicht not. Dafür
wollen wir den politischer Druck aufrecht erhalten!
Lothar Nicht hat diese Argumente schon oft gehört, denn seine
konträre Haltung führt zu Diskussionen mit der Parteispitze:
Eins ist richtig, sagt er, Die Volksinitiative
hat die Sinne geschärft für die nötige öffentliche
Auseinandersetzung. Diese Aufgabe ist erfüllt und klar ist,
man muss beides fördern - Kohleforschung und alternative
Energien. Aber es gibt keinen Plan B! Sein Vorschlag wäre,
die Kirche als Moderator im regionalen Diskussionsprozess zu nutzen,
die sich auf diese Funktion beim letzten Kirchentag verständigt
hat. Alle Akteure müssen an einen moderierten Tisch!
Immerhin gäbe es auch Volksinitiativen gegen Windkraft, Bewegungen
gegen die Verdrängung der Landwirtschaft durch Biomasse,
sagt Nicht.
Gespräche seien wichtig, das will Thomas Nord nicht kleinreden,
entgegnet er, Allerdings leben wir in einer parlamentarischen
Demokratie, in der die Parteien dafür gewählt werden,
in Parlamenten über Zukunftsfragen der Menschen zu entscheiden.
Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie diesen Dialog sucht.
Wenn die Kirche für sie eintreten müsste, dann zeigt
das das Unvermögen der Regierung! Darüber wird
auch mit den Gästen noch weiter diskutiert.
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Zu Gast bei Gabi
Grube waren:
Links:
LINKEN-Landesvorsitzender Thomas Nord: In der Oposition
kann man nicht so viel machen, aber auch nicht so viel falsch!
Rechts: Beigeordneter Lothar Nicht: Wer zu Wahlen antritt,
sollte ganz klar auch Regierungsverantwortung anstreben!
Lothar Nicht,
Beigeordneter für Ordnung, Sicherheit, Umwelt und Bürgerservice
und LINKEN-Landesvorsitzender Thomas Nord bei Gabi Grube: Es
ist die den LINKEN eigene Streitkultur, dass über unterschiedliche
Standpunkte offen geredet wird!
Fotos:
Jens Haberland
Am
29. Mai
reden wir über:
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Einsam
oder gemeinsam für die Region? mit Wirtschaftsförderer
Wulf Goretzky (Cottbus) und Rüdiger Albert, Berufskollege
im Landkreis Spree-Neiße
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