Früher
erschien er knapp zum Termin, heute genießt es Manfred Stolpe,
das nicht mehr zu müssen. Nach genussvollem Abendessen und
einer halben Stunde ausdrücklichem Insichkehren stellte er
sich am Donnerstag den Cottbuser Gästen im Presse-Café
DoppelDeck zu einem Gespräch über die große und
kleine Politik. Täglich noch ist der Brandenburger mit der
großen Politvergangenheit gefragt: Auf Foren und Bühnen
zu soziologischen Fragen, zum Aufbau Ost, auch zur Annäherung
zwischen Deutschen, Russen und Polen oder zu Fragen der Denkmalpflege
in der Mark.
Als Mitglied im Vorstand des Petersburger Dialogs
schaute er gestern mit Spannung in Richtung Duma, die den neuen
Präsidenten bestätigte. Fragen der Wirtschaftskooperationen
aber auch der Meinungsfreiheit werden in dem illuster besetzen
bilateralen Forum diskutiert. Da will er gern etwas bewegen. Aber
auch westwärts hat er sich orientiert - erst 2007 verbrachte
er sechs Monate in der Nähe seiner Tochter in Kalifornien,
war dort als Großvater gefragt und machte nebenbei Bekanntschaft
mit Gouvaneur Arnold Schwarzenegger: Ein Mann, der hoch
interessiert nach Deutschland schaut, weil wir hier auf der Suche
nach alternativen Energietechnologien sind!
Schon als Ministerpräsident hätte er mehr auf internationale
Kontakte setzen sollen., räumt er ein. Das Setzen auf die
eigene Wirtschaftskraft war nicht immer Erfolgsgarant. Auch beim
Stadtumbau würde er heute manches anders machen: Mehr Offenheit
und Aufklärung gegenüber den Betroffenen gehöre
dazu: Die Menschen können die Wahrheit gut vertragen,
die Unsicherheit führt zu Überreaktionen. Auch
die Probleme im unterirdischen Stadtraum habe man zu spät
erkannt, sagt er nachträglich.
Viele Lausitzer erinnern sich heute noch daran, dass Ministerpräsident
Stolpe in Horno am Tagebaurand Hoffnungen schürte: Das
wird das letzte Dorf sein, das weggebaggert wird! Er hat
nicht Recht behalten - manche nehmen ihm das übel. Er verteidigt
sich aber: Ich habe nicht gedacht, dass die Kohle tatsächlich
solange gebraucht würde. Und ich hoffe noch heute, dass das
Verfeuern nicht die einzige Nutzung bleiben wird!
Dass es auch der Kirche in der Lausitz als Institution schwer
fällt, zum Thema Braunkohle Stellung zu beziehen, kann er
verstehen: Es war zu DDR-Zeiten einfacher als Kirche klar
in Opposition zu gehen. Man war einfach gegen alles Staatliche.
In einer demokratischen Gesellschaft ist das ungleich schwerer.
Ich könnte mir sogar vorstellen, dass die Kirche in verschiedenen
Orten verschiedene Positionen bezieht - denn die Betroffenheiten
sind unterschiedlich!
Die Ossis, so sagt der ehemalige Aufbau-Ost-Beauftragte noch an
diesem Abend, hätten bei allen Umbruchproblemen eines als
Vorteil: Für die Prozesse der Globalisierung sind sie
gerüstet - sie können sich anpassen und stecken nicht
auf!
Ob er denn für das Amt des Bundespräsidenten zur Verfügung
stehen würde, will im Publikum Dennis Kettlitz wissen. Da
könne er gut nein sagen, versichert Stolpe glaubhaft. Anders
als vor sechs Jahren, als er Wochen nach einem Nein
auf die Frage des damaligen Co-Moderator im Presse-Café
Bundesminister für Verkehr wurde.
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Zu Gast bei Gabi
Grube war:
Der Ehrenvorsitzende
der Brandenburger SPD, Bundesminister und Ministerpräsident
a.D. Manfred Stolpe: Ich bin kein Mensch für eitle
Politbühnen. Aus der zweiten Reihe habe ich fast mehr erreicht!
Fotos:
BeWe
Meerrettichpflanzen
für den Garten und eine Ahornsirup gefüllte Birne für
den Lichtblick überreichte Spreewaldkoch Peter Franke. Beide
hatten früher schon gemeinsam am Herd gestanden
Am
22. Mai
reden wir über:
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Die
LINKE vor wichtigen Richtungsentscheidungen mit Landesvorsitzendem
Thomas Nord und Beigeordnetem Lothar Nicht
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