aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Wer macht die Arbeit?
Gewerkschafter und Bürgermeister streiten im Doppel:Punkt
ums Sparen beim Rathauspersonal

Cottbus (gg). Es gibt eigentlich nur einen Punkt, in dem Verdi-Gewerkschaftssekretär Ralf Franke und Finanzbürgermeister Holger Kelch in Sachen Personalentwicklung überein stimmen. Teilzeitangebote, auf die Holger Kelch setzt, um das Sparziel zu erreichen, sind sinnvoll für Arbeitnehmer, denen mehr Freizeit gut ins Lebenskonzept passt, weil sie Kinder oder pflegebedürftige Angehörige haben. „Nur darf sich niemand gezwungen fühlen“, schränkt Ralf Franke im DoppelPunkt ein.
Dann aber unterschieden sich die Positionen schon merklich: Zum Beispiel: Wie genau heißt eigentlich das Sparziel? In dem Personalentwicklungsplan, der Montag den Rathausmitarbeitern vorgestellt wurde, ist das weniger konkret gefasst als im Haushaltsplan. 1200 Stellen stehen dort, die maximal 66 Millionen Euro im Jahr kosten dürfen. Vorerst aber will man diese Zahl nicht vordergründig betonen. Holger Kelch erklärt: „Es muss politisch entschieden werden, welche Aufgaben man künftig im Rathaus erledigen will - der Ausgang dieser Willensbildung ist offen und soll es auch sein!“
Das suggeriert mehr Spielraum als eigentlich vorhanden ist, denn die Tariferhöhung von (Einmalzahlungen eingerechnet) neun Prozent ab 1.1. 2009 beutelt den ohnehin defizitären Haushalt erneut gehörig. Kelch: „Wir können das nicht abfangen - wir hatten uns auf höchstens vier Prozent eingerichtet!“ Im Hintergrund schwebt zusätzlich der aufgehäufte Schuldenberg von 200 Millionen Euro, der jedes Jahr 13 Millionen Euro Zinsen kostet. Kelch: „Wenn sich die Zinsen weiter erhöhen, werden es nochmal 3 Millionen mehr werden!“
Ralf Franke versteht den unbedingten Sparwillen trotzdem nicht. Erst recht nicht, seitdem er die Einnahmesituation im Rathaus untersucht hat: “Gegenüber 2006 nimmt die Stadt heute 17 Millionen Euro mehr ein durch Steuern und Zuweisungen - davon ließen sich doch drei Millionen fürs Rathauspersonal abzweigen!“ Schon jetzt gäbe es Mitarbeiter mit bis zu 200 Überstunden und freiwerdende Stellen würden nicht mehr besetzt, ohne, dass gefragt werde, wer die Arbeit weiter macht. Jedes Jahr gingen immerhin 60 Mitarbeiter planmäßig in den Ruhestand.
Was dabei ausgeblendet wird: Die 17 Millionen Euro bleiben nicht übrig. Die Stadt gibt jährlich immer noch 10 Millionen mehr aus, als sie einnimmt. Das soll es im nächsten Jahr nicht mehr geben - so ehrgeizig ist das Ziel.
Trotzdem: Dass es arbeitsintensive Bereiche gibt, weiß auch Holger Kelch. Im sozialen Dienst habe es sogar gesundheitliche Grenzfälle durch Arbeitsbelastung gegeben. Auch gegenüber den Fraktionen betont er in Gesprächen, dass mit Personalabbau auch Leistungseinschränkungen einhergehen werden. Nur wo - das müsse politisch entschieden werden - 400 Stellen allein beansprucht der Aufgabenbereich, den die Stadt freiwillig erledigt - im Konservatorium, Museum, Tierpark und bei der Volkshochschule in der Schulsozialarbeit und anderswo. Bis zum Jahresende soll es dazu eine klare Linie geben. Schon jetzt ist auch klar: Rund 110 Stellen müssen in den nächsten Jahren neu besetzt werden. Der Altersdurchschnitt in der Verwaltung liegt bei 56 Jahren - Verjüngung tut Not, meint Kelch und will mit kluger Personalplanung dafür wieder Räume schaffen. Heftig diskutiert wird an diesem Abend außerdem über kluge Einnahmepolitik, über Vor- und Nachteile von Eigenbetrieben und Privatisierung.

Zu Gast bei Gabi Grube waren:


Links: Verdi-Gewerkschaftssekretär Ralf Franke: „Die Einnahmesituation ist heute besser denn je - das Personal sollte davon profitieren!“

Rechts: Bürgermeister Holger Kelch:
„Der Schuldenberg kostet jährlich
13 Millionen Euro - gutes Geld wird
schlechtem hinterhergeworfen!“



Bürgermeister Holger Kelch mit offenem Visier gegen Gewerkschaftssekretär Ralf Franke, auf dem Tisch - der Haushalt 2008/2009 Fotos: bw

Am 17. April
reden wir über:

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„Berlin trifft Cottbus“ mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD)

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