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Angebote sollen für alle gelten
Der parteilose Stadtverordnete Steffen Picl will auch in der nächsten Legislatur mit den Linken für gute Kultur- und Bildungslandschaft streiten

Cottbus (gg). Eigentlich sei Politik nicht die Sache von Künstlern - zu wenig können sie sich mit bürokratischen Strukturen arrangieren - deshalb bleibt Steffen Picl, Diplom-Musiker, Bratscher im Philharmonischen Orchester, ein Exot. Seit 2003 ist er parteiloser Stadtverordneter in der Linksfraktion. Die langwierigen Ausschuss- und Stadtverordnetensitzungen zwischen Proben und Aufführungen nimmt er in Kauf, weil er in guter Kultur- und Bildungspolitik den Schlüssel für zukunftsfähige städtische Jugendförderung sieht. Die hat er selbst genossen als Student der Leipziger Musikhochschule und innerhalb der FDJ, die er als probates Instrument für gesell-
schaftliche Einflussnahme und Förderung erlebte. Trotzdem trat er 1990 aus der SED aus und schätzt seitdem die parteiunabhängige Entscheidung. „Man kann mir sagen, du solltest, aber nicht: du musst!“ Schon 1988 kam er ans Cottbuser Theater und über die Rolle als sachkundiger Bürger im Kulturausschuss 1999 zurück in die Politik. Hochkultur wie am Staatstheater, sagt er, ist Voraussetzung für vielfältige Basiskultur einer Stadt. Cottbus sei mit Konservatorium, piccolo-Theater, Puppenbühne, Kindermusical und anderem im Vergleich zu anderen kleinen Großstädten opulent ausgestattet. Er wolle darauf drängen, dass alle Kinder daran teilhaben können. Städtische Hilfen für Musikschulgebühren, Schulessen und ein letztes kostenloses Kitajahr - dafür sollte es Mehrheiten in der Stadtverordnetenversammlung geben.
Dass auch Lehrer die Chance für nahe kulturvolle Bildung entdecken, wünscht er sich. Seit mehreren Jahren lädt er Schulklassen zu Orchesterproben ein. Mit verblüffendem Effekt: Die Jugend sitzt zwischen den Musikern, hält den Atem an und staunt darüber, dass auch Erwachsene erst üben müssen, damit es gut klingt. Erfahrungen, die der Musiker für elementar hält. Gute musikalische und emotionale Bildung trägt Früchte - das zeigt ihm das Beispiel Max-Steenbeck-Gymnasium. Gleiche Bildungschancen für alle und eine sichere Zukunft für Oberschulen, auch die Sandower, die Handwerks- und Facharbeiternachwuchs vorbereiten - diesem Grundsatz sei die Linke gefolgt, als sie jüngst gegen die Aufnahme von 7. Klassen am Humboldt-Gymnasium stimmte. Ein wenig Ernüchterung schwingt in der Begründung: „Wir können über Bildungspolitik keine Strukturpolitik machen - die Grenze liegt in der geteilten Zuständigkeit für Gebäudehülle und Bildungsinhalte!“ Deshalb habe es keine Alternative gegeben.
Trotzdem will sich Steffen Picl in dieser begrenzten Zuständigkeit für mehr Sinn einsetzen: „Wir brauchen einen Reparaturfonds für Schulen, damit wir nicht erst tätig werden, wenn Sanierungen Millionen kosten und EU-weit auszuschreiben sind!“ Das wäre auch Wirtschaftsförderung. Statt Fördermittel wäre eine Pauschale nützlich, die der Stadt vernünftige eigenverantwortliche Verwendung möglich mache, plädiert Picl.



Steffen Picl, Bratscher, ist Stadtverordneter der „Linken“ und Gewerkschaftsvertreter des Orchesters am Staatstheater. Hier unterrichtet er die Kollegen über die jüngsten Tarifentscheidungen. „Eigentlich ist Reden nicht Musikersache“, denkt er und sieht sich als politisch Aktiver als Exot im Hause

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