Der
Regionalverband Brandenburg in der Deutschen Chopingesellschaft
hatte zu einem besonderen Konzert in die Fachhochschule Lausitz
eingeladen. Es war ein Klangereignis mit einem virtuos disponierten
Pianisten, der das Publikum über den ganzen Abend hinweg
in Atem hielt und sowohl akustisch als auch handwerklich-physisch
an die Grenzen ging.
Albert Mamriev, der in der Republik Dagestan (damalige UdSSR)
geboren wurde, später am Moskauer Tschaikowsky-Konservatorium
und in Tel Aviv studierte, lebt heute in Israel und genießt
dort den Ruf eines der herausragendsten Pianisten.
Auf seinem Weg zur Weltkarriere, der ihn allein 2007/08 nach China,
Frankreich, West- und Osteuropa sowie in die USA führt, machte
er auch in Cottbus Station und begeisterte im vollbesetzten Konzertsaal
der Fachhochschule Lausitz. Das Ungewöhnliche bestand aber
auch in der Art seines Programms, das Fryderyk Chopin und dessen
Zeitgenossen gewidmet war. Viele Komponisten bemühten sich
mit ihren Stücken, die neuen Möglichkeiten mittels allerlei
pianistischer Raffinessen vorzustellen. Diesem Anspruch fühlte
sich an diesem Abend auch Albert Mamriev verpflichtet und er erfüllte
ihn äußerst eindrucksvoll bereits in Charles Alkans
Etude de Bravoure und bei Adolph Henselts Impromptu.
Auch in der Phantasie-Etüde des in Böhmen
geborenen Alexander Dreyschock stand das Virtuose im Vordergrund.
Von Sigismund Thalberg wissen wir beispielsweise, dass er 1837
in Paris mit Franz Liszt in einen pianistischen Wettkampf trat.
Man muss schon eine so überragende Spieltechnik wie Albert
Mamriev besitzen, um all diesen geradezu artistischen Anforderungen
des Programms gerecht werden zu können. Pianistische Virtuosität,
jedoch gepaart mit edler Anmut und Klangpoesie findet man im Werk
von Franz Liszt und vor allem von Fryderyk Chopin. Und dass der
Gast aus Israel nicht nur Akkordmassen im Fortissimo aufstauen
kann, bewies er in Chopins Mazurken. Wenngleich hier nicht immer
alles ganz notengetreu ablief, ließ er doch das Verständnis
für die emotionale Tiefe dieser Musik spüren.
Franz Liszts Klavierbearbeitungen verschiedener Orches-terwerke
bildeten das Hauptfeld der Ereignisse. Die 1856 veröffentlichte
Dante-Sinfonie bildete eine seiner Vorlagen für
eine gewaltige Paraphrase, wobei der Begriff gewaltig
auch die sich immer weiter steigernden Fortissimo-Akkordtürme
recht treffend beschreibt.
Und auch bei der Bearbeitung von Wagners Tannhäuser-Ouvertüre
oder - dann als eine der Zugaben - in der Rienzi-Fantasie
fragte man sich: Wie kann ein Mensch die zehn Finger seiner Hände
so schnell - und beinahe gleichzeitig - auf so vielen verschiedenen
Tasten haben ...
Das war große Kunst, das war Artistik, Sport und Klangzauberei
in einem. Nicht enden wollender Beifall verabschiedete den bescheidenen,
sympathischen und - niemanden wunderte es - dann sichtlich erschöpften
Künstler. Was für ein denkwürdiger Abend!
Dr. Bernhard Reichenbach
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