Cottbus.
In Brandenburg herrscht Lernmittelfreiheit. Für das von Schulrat
Ulrich Hirthe seit letztem Jahr angedachte Notebook-Projekt an
Schulen hätte es also zwingend der Zustimmung der betroffenen
Eltern bedurft. Das Projekt scheint allerdings zerredet, noch
bevor die Elternschaft die Idee im Detail und mit allen Spielarten
kennen gelernt hat, beklagt Hirthe im Doppel:Punkt. Eine für
den 23. Februar anberaumte Messe im Rathaus wird jetzt abgesagt
- Dezernent Berndt Weiße hat die Escape-Taste für städtisches
Geld letzte Woche vorfristig gedrückt. Elternsprecherin Gudrun
Breitschuh-Wiehe beklagt, dass die zeitliche Einbeziehung der
Eltern so schlecht geplant war.
Was tut so eine Escape-Taste? Damit diese und andere Fragen rund
um Computer, Internet und Co. keine sind, an denen sich Bildungschancen
entscheiden, will der Schulrat das Projekt dennoch nicht zu den
Akten legen. Und auch Gudrun Breitschuh-Wiehe möchte die
Skepsis der Elterschaft nicht nur auf finanzielle Bedenken reduziert
wissen: Ein schlüssiges Konzept lässt sich doch
bis Herbst nicht erarbeiten - Lehrer und Schüler werden überfordert!
Hirthe ist überzeugt, dass manchmal Tatsachen geschaffen
werden müssen, damit sich auch Lehrer dem Problem stellen:
Ein Projekt wird nicht besser, wenn man mehr Zeit hat. Wenn
die Technik da ist, dann gibt es an jeder Schule Enthusiasten,
die die Nutzung vorantreiben, Beispiel geben und andere nachziehen!
Auch Weiterbildungsangebote hätte es gegeben, sagt er, mit
externer Fachunterstützung. Breitschuh-Wiehe interveniert:
Schon bei der Ausstattung der Schulen mit Computerkabinetten
haben sich viele Lehrer um ihre Weiterbildungen gedrückt!
Damals zahlte das noch Land und Bund. Und auch hier, sagt sie,
fehlte es an intelligenten Konzepten. Wieder andere Dinge fand
Hirthe beim m.a.u.s.-Programm nicht gelungen: Computerkabinette
sind nicht geeignet, um den ständigen und lebendigen Umgang
mit der Technik zu fördern - schlauer wäre es, Lerninseln
in jedem Klassenraum zu haben! Da sind sich Elternsprecherin
und Schulrat mal einig, auch heute hält der Elternbeirat
eine ähnliche Lösung für einen guten Kompromiss.
Das wäre durchaus denkbar - erklärt der Schulrat - gern
hätte er die verschiedenen Möglichkeiten auch erklärt,
aber zu zeitig hat eine zugespitzte Diskussion die vorbehaltlose
Prüfung der Möglichkeiten verhindert. Enttäuscht
zeigt sich der Schulrat deshalb auch vom Rückzug der Wirtschaftskammern
aus der Projektgruppe: Die schlechte Berichterstattung hat
den Mut der Unternehmer wohl gebremst.... Dabei kommt gerade
von dort heftige Kritik wegen der fehlenden Medienkompetenz der
Berufsschüler.
Mit dem Publikum entspinnt sich ein spannungsreicher Dialog um
den Nutzen der Notebooks im Unterricht. Dr. Olaf Gutschker, an
der BTU mit Erstsemestlern beschäftigt, sieht große
Probleme: Selbst den Umgang mit Medien muss man mal an der
Tafel erklären, bevor man die Power-Taste drückt. Zuerst
kommt verstehen und anleiten - dann kommt probieren! Auch
andere Gäste sehen das tradierte Schulbild langsam schwinden
- muss es nicht die menschliche Ansprache zwischen Lehrer und
Schüler geben - einen wirklichen Dialog des Lernens, den
Computer nicht leisten können? Ja, sagt im Publikum Gerlinde
Ehlert, Schulleiterin der Sachsendorfer Oberschule, aber auch
Eltern haben Verantwortung für dialogische und menschliche
Erziehung und Bildungsvermittlung - Schule muss fit machen fürs
Leben und das steckt voller technischer Herausforderungen!
Sie spricht aus dem Herzen der übrigen anwesenden Schulleiter.
Ulrich Hirthe hofft, das er mit einigen von ihnen die Idee weiter
verfolgen kann.
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Für
gute Konzepte ist eine gehörige Portion Skepsis und Kritik
nützlich. Dr. Olaf Gutschker bringt sie im Doppel:Punkt vor:
Klicken und chatten kann jeder, aber verstehen, welche Vorgänge
dahinter stecken - das wäre wichtig für wirklichen Bildungsfortschritt!
Fotos: J. Haberland
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