Cottbus.
Der Dank von Frank Szymanski ganz am Anfang der Gesprächsrunde,
der seiner Ein-Jahres-Bilanz gewidmet ist, geht an die Stadtverordneten,
die ihm die Arbeit im er- sten Amtsjahr leicht gemacht hätten.
Habenseite
Das große Wir dominiert in seiner Rede, der
OB will sie alle gern einbeziehen. In die Erfolge: der erste städtische
Doppelhaushalt des Landes steht kurz vor Beschluss, die Neuverschuldung
für 2007 konnte von (geplant) 43 Millionen auf 10 Millionen
heruntergeschraubt werden, die Arbeitslosigkeit in der Stadt sank
um 3,6 Prozent, im Oktober hatte die Stadt nach 15 Jahren erstmals
wieder mehr Einwohner, es gab mehr Gewerbesteuer, 10 Prozent mehr
Touristen in den Hotelbetten. Mehr attraktive Veranstaltungen
taten das ihre dazu. Das zur Habenseite dieses ersten Jahres.
Ja, die Stimmung wäre besser geworden unter Stadtspitze und
Abgeordneten, ein Riesen-Unterschied zu vorher, aber kritisiert
Matthias Schulze von der FDP-Fraktion: Wir reden viel über
Konkretes, vermissen aber das Reden über Konzepte und weitreichende
Ideen!
Was genau er meint, wird später deutlich: Es fehlt
vielen Unternehmern noch an der langfristigen , mittelfristigen
und kurzfristigen Strategie für mehr Ansiedlungen!
Kompetenz ungehört?
Da konnte auch das Wirtschaftskompetenzteam wenig bewegen - ein
Kritikpunkt, der wenige Stunden vor der DoppelDeck-Runde auch
aus der IHK und Handwerkskammer öffentlich geäußert
wurde: Park- und Sondernutzungsgebühren wurden erst beschlossen
und erst dann in dem Beratergremium diskutiert. Die Kritik hat
Szymanski gehört und will demnächst besser werden, gibt
aber auch zu bedenken, dass zunächst die Stadtverordneten
als gewählte Vertreter das Recht auf Information hätten
und auch in den Ausschüssen schon die Mitsprache von Unternehmern
möglich sein. Die Änderungen an der Parkgebührenordnung
hätten das auch gezeigt.
Kostendeckung bei Gebühren und Abgaben musste übrigens
abgedeckt werden, erklärt er, damit die Stadt eine Chance
habe, ihre Schulden abzubauen.
Mehr Schultern finden
Schulze kritisiert, dass zuviel auf dem Tisch des OB liegt, Chefsache
geworden ist. Wirtschaftsförderung ist Vollzeitjob - ein
OB könne das allein nicht leisten: Es fehlt ein kompetenter
Ansprechpartner! Szymanski kontert: Er könne nicht
einstellen, wenn andererseits von Personalabbau im Rathaus gesprochen
würde. Außerdem sei das Problem nicht nur ein personelles:
Wir mussten Investoren nach Forst schicken, weil wir einfach
keine Industrieflächen für Hallen über 5000 Quadratmeter
anzubieten hatten! Das würde mit dem TIP (Technologie-
und Industriepark) anders werden - im nächsten Herbst sollen
die vorbereitenden Arbeiten fertig sein.
Und auch in der Entwicklungsgesellschaft Cottbus werde es zum
nächsten Jahr Veränderungen geben, die Geschäftsführerstelle
sei ausgeschrieben. Sei im ersten Amtsjahr der Haushalt der Schwerpunkt
gewesen, wird es im zweiten die Wirtschaftsansiedlung und -pflege
sein, bestätigt der OB.
Personalproblem
Ein Streiflicht der Runde berührt den schwelenden Streit
zwischen Gewerkschaft und Rathausspitze um den geplanten Personalabbau
von 1450 auf 1200 Stellen. Szymanski überrascht: Als
wir die 80-Prozent-Klausel vorgeschlagen haben, wussten wir noch
nicht, dass wir durch rigide Sparpolitik und schlanke Strukturen
bereits drei Millionen eingespart hatten! Jetzt wollen wir diese
Erfolge ausbauen und weiter diszipliniert und mit Anreizen vorgehen
- es liegt jetzt am Personal selbst, betriebsbedingte Kündigungen
zu vermeiden! Am 10. Dezember soll es eine erste Bilanz
geben, wie sich die Mitarbeiter entscheiden.
Schulze wird deutlicher: Wir waren eindeutig schlecht beraten
- extern und durch die Kommunalaufsicht!
Falsche Hoffnungen
Auf der Sollseite des ersten Jahre steht auch noch das Thema Schulentwicklung.
Stichwort für Matthias Schulze: Wir wollen Schulqualität
und Vielfalt retten und einen Modellversuch initiieren: Weniger
Klassen an den Gymnasien, weniger Schüler in den Klassen!
Der Hintergrund sind die erneuten Diskussion um die Schließung
des Humboldt-Gymnasums. Szymanski bremst die Erwartungen: Das
Land setzt hohe Maßstäbe für Modellversuche -
Ausnahmen gab es bisher nur auf dem Lande, weniger in Städten.
Man sollte keine falschen Hoffnungen wecken! Einmal mehr
an diesem Abend blitzt sein Wissen um die Vorgänge in Potsdam
durch.
Landrats-Mißtöne
Noch ein brennendes Thema: Mitgliedschaft in Tourismusverbänden.
Szymanski dazu: Es muss ein Gesamtkonzept für die Region
geben, das Vorteile für alle bietet und gerechte Finanzierung
ermöglicht. Cottbus würde 50 000 Euro im Tourismusverband
Spreewald zahlen und hätte das selbe Stimmgewicht, wie der
Cottbuser Tourismusverein, der 50 Euro zahlt - darüber müssen
wir reden! Schulze hakt nach: Es ging um das Signal
- das allein war schädlich!
Unstrittig sei, dass Cottbus den Spreewald brauche für eine
erfolgreiche Vermarktung, der OB klingt dabei überzeugt.
Noch mehr wird an diesem Abend andiskutiert: Welches wohl die
Kernaufgaben von Verwaltung wären und wie es in der Innenstadt
weitergeht.
Fordert
mehr Entgegenkommen für die Innenstadtgas- tronomen - Detlef
Bothe vom Stadt Cottbus. Zur Innenstadtentwicklung
allerdings blockt der OB Antworten: Zum 2. BA in der Stadtpromenade
muss der Investor antworten!
Zum Richtfest ist der OB geladen - in letzter Minute
Fragt
nach dem persönlichen Einsatz des OBs als Botschafter der
Stadt - André Noack. Nächstes Jahr, sagt Szymanski
sei eine Tour durch die wichtigsten Ländervertretungen in
Berlin geplant, um mehr internationale Entscheider für Cottbus
zu interessieren. Eine Reise mit dem FC Energie Cottbus nach China
musste der OB?absagen: Mir ist der Haushaltsbeschluss in
der Stadtverordnetenversammlung wichtiger! Fotos: J.
Haberland
|
Zu Gast bei Gabi
Grube waren:
Oberbürgermeister
Frank Szymanski: Man kann nicht alle Probleme in einem Jahr
lösen. Das meiste ist Teamarbeit. Viele positive Kräfte
in der Stadt sind mobilisiert. Ich hoffe, das hält bis zur
Kommunalwahl!
Matthias
Schulze aus der Fraktion FDP/ Frauenliste: Nicht alles kann
Chefsache des OB sein. Vor allem nicht die Wirtschaft. Und: Wir
müssen mehr über langfristige Konzepte diskutieren.
Wir wollen gern mitgestalten!
Das
vorsichtige Fazit dieser Runde:
:
Cottbus profitiert vom gesamtwirtschaftlichen Aufschung mindestens
ebenso wie von der guten Stimmung durch den Wechsel an der Stadtspitze.
Um den Schwung zu nutzen, sind die nächsten Jahre von Bedeutung:
bei Ansiedlungspolitik und Marketing
:
Bis
zur Kommunalwahl vergehen noch 11 Monate, für die sich
der OB eine weitestgehend wahlkampffreie Zusammenarbeit erhofft:
Uns läuft die Zeit davon!
:
Nächste
Bilanz wird nach 1 000 Tagen gezogen.
Kommende Woche
reden wir über:
________________________
Hilft
langsam fahren dem Klima
und uns?
Mit Grünen-Sprecher Jonas Reif und Autoprofi Thomas Knott
|