Cottbus
(h). Pharmazie und Rechtswissenschaften sind seine Hausdiziplinen,
auch ein wenig das Militärwesen. Als Schwerter mit dem deutschen
9. November 1989 zu Pflügen wurden, geriet der Hamburger
Dr. Dieter Thiel in die Diplomatie, formulierte mit am Einigungsvertrag,
dessen maschinegeschriebenen Entwürfe noch in seinen Cottbuser
Regalen liegen.
In der Lausitz verfiel er seiner Lieblingsneigung: der Kunst und
ihrem Management. Weil er Begriffe gern auf ihre sprachlichen
Ursprünge zurückführt, ergab sich der Name für
sein Unternehmen wie von selbst: Leuten, die im Kulturbetrieb
ihr Existenzglück suchten, wollte er eine Werkstatt bieten.
Das französische Wort fabrique leitet sich vom
lateinischen fabricia her. Das ist Werkstätte,
Arbeitskräfte-Bündelung, Arbeitsteilung, sinnhafte Betriebsmittelführung,
Systematik... Die Idee wurde zur KUNST.FABRIK.
Zunächst tatsächlich in einem Fabrik-Gebäude -
dem alten E-Werk - etabliert, machte das Projekt bald aus dem
Verwal-tunbgsbau in der Bahnhofstraße /Breitscheidstraße
Furore. 52 Frauen und Männer fanden sich zusammen, die auf
unterschiedlichste Weise im Kulturbetrieb Identität und ihr
wirtschaftliches Zuhause suchen: Theaterleute, Maler, Fotografen,
Musiker, Designer und andere Kreativ-Individualisten. Es
war unsere Vision so Thiel, zugleich im Namen seiner Partnerin
Ines Schulz, einigen von ihnen den Weg zur Selbständigkeit
zu ermöglichen.
Zwei aufregende Jahre lang ist das private Projekt vom Land gefördert
worden. Die Bilanz danach: ein Riesenerfolg. Mit Projekten wie
Galerist für einen Tag und anderen haben die
FABRIK-Künstler Kontakte zu Unternehmen gefunden, haben rechnen
und kalkulieren gelernt und sind teilweise selbst Unternehmer
geworden. Jörn Hanitzsch zum Beispiel hat als Lichtdesigner
lukrative Aufträge von Vattenfall, Hans-Jürgen Drabow
findet für seine Fan-Artikel aus Karton gut Absatz.
Unter 71 brandenburgischen Projekten und Netzwerken ähnlicher
Art hat die private Cottbuser KUNST.FABRIK am meisten überzeugt
und wird weiter über ein Regional-Budget aus EU-Mitteln gefördert.
Natürlich habe es Reibereien mit Profi-Künstlern
gegeben, räumt Dieter Thiel ein. Aber die waren nie berechtigt,
denn die KUNST.FABRIKER befassen sich mit Dingen, die richtige
Künstler nicht tun: Bilder zum Beispiel, die sich jemand
gern übers Sofa hängt. Oder Cartoons zeichnen und Porträts
von Leuten. Wir sind keine Kunstschule, sagt der FABRIKer,
sondern Wirtschaftsförderer für Kreativ-Berufe.Und
damit war die KUNST.FABRIK auch maßgeblich am Erfolg der
gerade gelaufenen Nacht der krativen Köpfe beteiligt.
Dr. Thiels persönliche Freundschaften reichen weit, bis nach
Japan sogar. Nach Kyoto wird 2008 ein Ausstellungsprojekt führen,
das von dem Kunstwissenschaftler Herbert Schirmer mitbetreut wird.
Thiel: Wir hatten Japans Gesandten Siji Morimoto jetzt zu
Gast bei uns. Der war begeistert von Cottbus In einem Brief
hat er sich gerade bei Dr. Thiel bedankt: Die Nacht
der kreativen Köpfe war ein kreativer Einfall, um die
Aufmerksamkeit auf Ihre Stadt zu lenken. Wir haben interessante
Facetten von Cottbus kennengelernt, auch attraktive Bedingung
für die Ansiedlung ausländischer Firmen, darunter auch
japanischer Unternehmen. Rena Akatsuka, die Leiterin der
Wirtschaftsabteilung der Botschaft, und Yoshihava Kitayima, Leiter
der japanischen Wirtschaftsförder- gesellschaft JETRO, sahen
sich mit dem Gesandten hier um. Auch wenn das Energie-Spiel
nicht so toll schien, erzählt Thiel war die Betreuung
im VIP-Bereich doch perfekt. Diplomatische Schwächen im deutschen
Protokoll wurden elegant überspielt. Für Beteiligte
der KUNST.FABRIK aber war die Begegnung mit fremder Kultur weniger
problematisch: Sich auf internationalem Parkett zu bewegen, gehört
zum FABRIK-Bildungsplan.
Was ansonsten im Spannungsfeld zwischen Kultur und Wirtschaft
an Ergebnissen und Zukunftsaussichten in der KUNST.FABRIK erarbeitet
wurde, zeigt noch bis 29. November eine Ausstellung im Rathaus-Foyer.
Um Standpunkte und eigenwillige?Lebenslinien
der zunehmend freien Künstler geht es dort.
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Liebe Freunde
bei Dr. Dieter Thiel (M)
in der KUNST.FABRIK: Japans Gesandter Siji Morimoto und Rena Akatsuka,
Leiterin der Wirtschaftsabteilung der Botschaft. Hoffentlich
wird es gelingen, auch japanische Unternehmen, anzusiedeln,
schrieben sie jetzt Foto: privat
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