Cottbus
(h). Seit gestern dreht er wieder Zeit zurück. Mit
den Schuluhren fange ich an, sobald die Kinder raus sind,
sagt Kalle Schlodder, sonst würde er die Zeitumstellungen
an jeweils einem Wochenende (im Frühjahr eine Stunde vor,
jetzt wieder zurück) gar nicht schaffen. Seit nun genau 30
Jahren ist er der Mann für die Turmuhren in der Lausitz und
weit darüber hinaus. 100 hatte ich früher umzustellen,
jetzt sinds noch 25, sagt er. Die größte
ist in Cottbus die an der alten Feuerwache (drei Meter Durchmesser),
die höchste auf dem Gerichtsturm (2,50 Meter), seine liebste
an der Lutherkirche (das Zifferblatt hat er selbst geschaffen)
und die wichtigste vielleicht auf dem Spremberger Turm, dem Wahrzeichen
der Stadt. Die hat vier Zifferblätter, und dass die Zeiger
dort beim Dreiviertelstand unterschiedlich hängen,
meint er, tut dem richtigen Gang keinen Abbruch.
Jede Uhr, schwärmt Kalle, ist ein Kunstwerk. Allein die Aufzüge!
Während die Uhr in der Kolkwitzer Heilstätte ein Gewicht
hat, das in acht Tagen nur 1,75 Meter fällt, weil die Kraft
geschickt über Rollen gelenkt wird, sinkt das Gewicht im
Spremberger Turm fast über die ganze Turmhöhe und wird
viermal täglich elektrisch hochgezogen. Man kanns auch
kurbeln, wird Alt-OB Kleinschmidt bestätigen. Der hat
mir schon mal dabei geholfen, erinnert sich der Herr aller
Großuhren seiner besten Zeiten. Heute Nacht aber muss er
wieder allein da hoch. Drei Uhr. Da ist es dann genau zwei.
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Im Festumzug
850 Jahre unterwegs mit der alten Rathausuhr: Kalle
Schlodder, der seit 1977 nicht nur Cottbuser Turmuhren betreut
Foto:
Hnr.
Wird wohl
nun auspendeln: Die 1900 gebaute Turmuhr vom Typ Rochlitz im Klinikum
Kolkwitz stellt Karl-Heinz Schlodder dieses Wochenende zum letzten
Male. Er hat sie 1986 generalüberholt, und sie läuft
absolut exakt. Alle acht Tage werden Geh- und Schlagwerk mittels
Kurbel aufgezogen. Aber das ist bald nicht mehr nötig - die
Heilstätte schließt...
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