aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Was sollen die Bauern liefern: Heizmasse, Kraftstoff oder Mehl?
Über Wert der Nahrung, China, Beimischverordnung und Wetterkapriolen

Cottbus. Getreide ist zum Essen da und nicht zum Verheizen - darin sind sich Landwirtschaftsminister Dr. Dietmar Woidke und Bio-Bäckermeisterin Diana Lewandowski einig. Deshalb unter anderem sieht Woidke das Wachstum für Anbauflächen für biogene Kraftstoff begrenzt: „Bei 15 Prozent der Ackerflächen sollte Schluss sein!“ Nichts spreche aber dagegen, Gülle, Abfälle und verdorbene Ernten in Energie umzuwandeln - am besten dezentral, damit der Massebedarf nicht die Bauern zwingt, auf allen Flächen nur noch Energie-Mais anzubauen. Die Bioenergie allein aber macht den gestiegenen Getreidepreis nicht aus. Die Chinesen vertragen zwar keine Milch, klärt Mediziner Dr. Dieter Thiel im Publikum auf, aber sie verarbeiten die Milch und verkaufen die Veredlung mit Gewinn. Längst funktioniert der Lebensmittelmarkt global: Auch Ernteausfälle in Übersee schlagen auf den Preis durch. Bei Diana Lewandowskis Naturkostladen fast überall: „Bei Müsli, Milch und Brot sowieso, aber auch bei Kosmetik“, meint sie, aber ihre Kunden haben Verständnis für den Wert der Waren entwickelt. Die übrigens kommen selten aus Übersee, meist aus Brandenburg.
Der Handel und die Verarbeiter allerdings verdienen kräftig mit: Braugerste, die um 25 Prozent teurer geworden ist, macht an einer Kiste Bier nur 35 Cent Wertanteil aus. Gestiegen sind die Preise aber deutlich heftiger. Bei Milch bekommt der Bauer rund 39 Cent von einem Endverbraucher-Euro, den Rest machen Handel, Verarbeitung und Steuern aus.
Cent fürs Überleben
Das aber sieht Woidke positiv am Milchpreis: „Endlich kann man mit Milchkühen wieder Geld verdienen - das war bislang nicht möglich!“ Seit 1995 sind die deutsche Lebenserhaltungskosten um 18 Prozent gestiegen, weiß der Minister, Lebensmittel blieben mit 8 Prozent dort deutlich drunter. Jetzt ist der Knoten geplatzt auch auf Druck der Bauern. In der Cottbuser Region sind Milchbauern ausgestorben, seitdem kommt die Biomilch in Lewandowskis Laden aus Brodowin.
Pachtland-Machtland
Doch das Problem hat viel mehr Facetten: Auf dürren Brandenburger Böden braucht ein Jungbauer 300 Hektar, um seine Familie ernähren zu können. 75 Prozent der Flächen sind nicht Eigentums- sondern Pachtland, für die auch Energiewirte Schlange stehen. Schließlich entscheidet nicht nur der Bauern, sondern auch der Verpächter, wer das Land womit bestellt. Das zu regeln - es geht um privates Eigentum - damit ist auch die Politik zur Zeit überfordert.
Und seitdem in Deutschland dem Diesel der Biodiesel beigemischt werden muss, haben auch Argrawirte wie Eric Arts im Doppel:Punkt-Publikum Angst um Preissteigerungen beim Futtergetreide bis ins Unendliche: Was verordnet ist, muss produziert und gekauft werden - das öffnet Türen für Unverschämtheiten. Da muss auch Woidke bedenklich nicken: „Ein Gutachten zur Wirkung des Erneurbare-Energien-Gesetzes wird im Herbst vorliegen!“ Davon erhofft er sich erkennbare Hinweise, die nötige Eingriffe rechtfertigen.
Zuetzt bricht Diana Lewandowski noch eine leidenschaftliche Lanze für die Erziehung der Kinder zu bewusster Ernährung, die den Wert des Bodens, der Tiere und der landwirtschaftlichen Arbeit wieder schätzen lehrt.

Höhere Kosten für die Tierzucht beklagt Landwirt Eric Arts (li.) und hat Angst vor unregulierter Konkurrenz durch Bioenergie. Biolandwirt Wolfram Hotzler (re.) aus Sielow verteidigt die höheren Aufwendungen für Bioanbau von Getreide und spricht von strengen Kontrollen

Zu Gast bei Gabi Grube waren:

Landwirtschaftminister Dietmar Woidke: „Das System muss ausgewogen sein - das ist noch nicht immer der Fall. Es gibt Verlierer und Gewinner der Entwicklung!“Landwirtschaftminister Dietmar Woidke: „Das System muss ausgewogen sein - das ist noch nicht immer der Fall. Es gibt Verlierer und Gewinner der Entwicklung!“

Biobäckerin Diana Lewandowski: „Geist ist geil, statt Geiz ist geil - das sollte auch den Kindern zeitig in der Schule vermittelt werden - gerade, wenn es um Ernährung geht!“Biobäckerin Diana Lewandowski: „Geist ist geil, statt Geiz ist geil - das sollte auch den Kindern zeitig in der Schule vermittelt werden - gerade, wenn es um Ernährung geht!“

Nur bis zum unteren Strich gehört der Milcherlös dem BauernNur bis zum unteren Strich gehört der Milcherlös dem Bauern

Fotos: Haberland

 

 


Das vorsichtige Fazit dieser Runde:

: Das, was von den gestiegene Milchpreise bei den Bauern ankommt, sichert Beschäftigung in der personalintensiven Landwirtschaftbranche „Milch“, mit Milchproduktion kann wieder Geld verdient werden
: Aufgabe der Politik muss es sein, die Nutzung des begrenzt vorhandenen Bodens so zu regulieren, dass sowohl Nahrungsgüterpro-duktion als auch Biomasse ihre ausgewogene Chance haben
: Der Wert der Nahrungsmittel muss durch Erziehung vermittelt werden, der Preis wiederum muss eine gesunde Produktion ermöglichen - je regionaler, desto besser



Kommende Woche
reden wir über
________________________

Unsere BTU: Über- oder unterschätzt als Wirtschaftsmotor? Mit dem neuen BTU-Präsidenten Prof. Walther Ch. Zimmerli

zurück...