Cottbus
(h). Sie ist von dem verbildeten 5-Euro-Publikum genervt.
Alles wollen die Leute für 5 Euro oder weniger, sogar
Bücher! empört sich Ursula Helbig. Bücher
sind ihr Leben. Ihr Großvater gründete 1919 die Buchhandlung
Paul Böhlau, die später von Ursula Helbigs Mutter Gertrud
Hohlfeld geführt wurde. Das Geschäft am Thea-ter (Schiller-,
Ecke August-Bebel-Straße) war spezialisiert für medizinische
und Bau-Fachliteratur. Die Krankenschwestern, erinnert
sich die gelernte Buchhändlerin, waren trotz niedriger
Einkommen die eif-rigsten Buchkäufer. Und Apothekerinnen.
Nicht Lehrer? Nein, die sind zu geizig.
Erfahrungen - ein wenig auch augenzwinkernd preisgegeben - einer
Buchhändlerin, die Cottbus über alles liebt und den
Theaterbau für das schönste Haus überhaupt hält.
Ihr Geburtshaus hatte der Großvater 1930 erworben, und als
es nach dessen Tod auf die Erben kam, mussten die 1942 die 7 700
Reichsmark Steuern binnen drei Monaten für zehn Jahre im
Voraus zahlen An den Hitler! Der war drei Jahre später
gar nicht mehr da. In DDR-Zeiten war das mit dem Haus auch
nicht leicht, aber die Familie hielt es tapfer, auch den Buchladen
bis 1977.
Ursula Helbig arbeitete dann im Buchvertrieb in Berlin, doch sie
kam nach Cottbus zurück. Mit dem Schwiegersohn baute sie
den Dachboden zum Raritäten-Kabinett aus. Ganz
edel. Wir wollten 25 000 Mark in den ollen Boden investieren,
es wurden aber 125 000, sagt sie. Entstanden ist etwas einzig
Schönes. Im November 1998, an einem Freitag, den 13., eröffnete
die Ursula Helbig & Detlef Hoepner GbR. Es ging bis
2002 unablässig bergauf, schwärmt sie. Aber jetzt
grassiert die Billig-Krankheit.
Dabei müsse alles Gute teurer sein, weiß sie, auch
Milch und Brot.
74 Jahre ist die Cottbuserin alt, hantiert mit Computer wie eine
Gymnasiastin, bucht, verpackt und versendet die Bestellungen,
die per Internet eingehen, würde sich aber doch über
viele leibhaftige Kunden im Geschäft drei Treppen hoch freuen.
Man muss mich anrufen (38 31 556), dann ist auch geöffnet...
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Ursula
Helbig, geborene Hohlfeld, ist direkt neben dem Cottbuser Theater
aufgewachsen. Der Musentempel und die Bücher der Eltern prägten
sie. Noch heute führt sie ein Antiquariat mit 17 730 Büchern
Foto:
Hnr.
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