Von
Kommerzienrat Hammerschmidt, viele Jahre engster Freund und Berater
Paul Werners, stammt der Ausspruch: Was Bismarck dem Reich
gewesen, war Werner für Cottbus. Der Vergleich deutet
auf Weitsicht und Durchsetzungskraft eines Mannes, der ohne Zweifel
als einer der Erfolgreichsten an der Stadtspitze in den Annalen
steht.
Er war der rechte Mann zur rechten Zeit. Als Werner, geboren in
Zeitz und aufgewachsen in Frankfurt/Oder, aus seiner Bürgermeisterpraxis
im westfälischen Hamm 1892 nach Cottbus wechselte, hatte
die unansehnliche Stadt gerade 35 800 Einwohner. Aber
die Textilwirtschaft war im Aufschwung, Deutschlands Gründerjahre
beflügelten auch die Lausitz, und Werner verstärkte
diese Impulse kräftig.
Der kleine Mann mit lichtem Haar, kurz geschnittenem weißen
Vollbart, etwas hoher Stimme und dem an langer Schnur befestigten
Klemmer war in souveräner Freundlichkeit Mittelpunkt jeder
Gesellschaft. Er freute sich über jeden guten Witz, machte
selbst gern Späße und hatte feinsten Kunstsinn. Die
Kunst ist das Erhabenste im Leben der Menschen, formulierte
der Freimaurer, der immer darauf bedacht war, sich nicht in der
Enge der Provinz erdrücken zu lassen. Zahlreiche Reisen belegen
sein weltoffenes Denken: Werner war während seiner Cottbuser
Amtszeit in der Schweiz, mehrfach in Italien, im Riesengebirge,
sachverständig geführt 1900 auf der Weltausstellung
in Paris, in London, drei Monate zu Studienzwecken in Nordamerika
und - vor allem zur Linderung eines Kehlkopf-leidens - immer wieder
in den großen Seebädern.
Für Cottbus dachte und plante er stets in Dimensionen einer
größeren Mittelstadt. So setzte er viele Projekte durch,
ehe er tragfähige Mehrheiten gewinnen konnte. Immer wieder
beklagte er den Undank der Cottbuser und die Zaghaftigkeit der
Stadtverordneten. Wenn ihn jemand für Cottbuser Erfolge lobte,
hielt er entgegen: Ja, das habe ich aber nur dadurch schaffen
können, dass ich sie mit dem Knüppel bearbeitet habe.
Solch ein Knüppel war mehrfach die Rücktrittsdrohung,
falls man seinen Intentionen nicht folge.
Leidenschaftlich trat Werner für den Theaterneubau ein. Er
gründete den Theaterverein, übernahm selbst den Vorsitz
und ließ schließlich nicht den von Architekt Sehring
gewollten Spruch Appolini es Musis, sondern sein Der
Deutschen Kunst über dem Portal des Musentempels anbringen.
Tiefe Kränkung bedeutete für den patriotischen Werner
ein Gerichtsprozess über mehrere Instanzen bis zum Reichsgericht
wegen ungenehmigter Annahme von Geschenken für den Theaterverein.
Spenden über 5000 Reichsmark mussten genehmigt sein. Werner
hatte das Gesetz umgangen, wurde aber bei einer Geldstrafe von
100 Reichsmark freigesprochen.
Zahlreiche Erfolge seiner Amtszeit prägen bis heute das Gesicht
der Stadt. Trotzdem schied der Bismarck von Cottbus
grollend aus dem Rathaus, lebte dann vergessen in seiner Stadtvilla
in der nach ihm benannten Straße. Erst 13 Jahre später
erkannte Oberbürgermeister Dr. Kreutz Werners Verdienste
und würdigte sie öffentlich. Werner starb kinderlos
am 10. Juni 1927. Cottbus hatte nun 50 139 Einwohner. Sein Grab
liegt an der Nordmauer des Südfriedhofes. J.H.
Paul Werners
eigenhändige Eintragung ins Ehrenbuch der Stadt Cottbus:
Am Tage meines Abgangs aus meinem Amt! Leben und Tod zusammen
ist Leben. Cottbus am 31. März 1914. Werner, Oberbürgermeister
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Paul Werner
(1848 - 1927) war von 1892 bis 1914 zunächst Bürgermeister,
dann Oberbürgermeister (ab Februar 1894) von Cottbus
Das Cottbuser
Rathaus auf dem Markt um 1914, als Paul Werner aus dem Amt ging.
Das Amtszimmer
des Oberbürgermeisters
mit Stehpult am Fenster. Aufnahme aus
dem Jahre
1908
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