aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Die Dosis macht das Gift
Fettleibige Kinder werden mehr / Erziehung und Bewegungsmangel Gründe

Region (sp). Eigentlich können Kinder ihren Hunger instinktiv stillen, greifen nach ausgewogenen Speisen. Doch das Horchen auf die Bedürfnisse des eigenen Körpers funktioniert immer weniger, machen Aktionen wie den „KKH-Truck“ nötig, in dem Krankenkassen und Ärzte auf „Gesunde Ernährung“ hinweisen.
„Von 4 000 Patienten im Jahr haben wir rund 100, die an Fettleibigkeit leiden“, erzählt Kinderklinik-Chefarzt Thomas Erler auf dem PolitPiano-Podium. Die in Fachkreisen als „Adipositas“ bekannte Krankheit ist so etwas wie die Steigerung von „Dick-Sein“. „Und wir sehen erst die Spitze des Eisberges, hinzu kommt das andere Extrem wie Bulimie“, so Erler.
Normalerweise kommen Kinder, die ihr Gewicht nicht mehr unter Kontrolle haben, ins Krankenhaus, bei einer Erfolgsquote von mageren 10 Prozent. Vor zweieinhalb Jahren initiierte Christian Seifert, Geschäftsführer der Reha-Vita Klinik, mit Partnern deshalb ein Netzwerk, um das Problem auch ambulant zu behandeln. Im Projekt sind Ärzte, Psychologen und Bewegungstrainer involviert. „Entscheidend für den Erfolg sind jedoch die Eltern!“, sagt der ehemalige Sportlehrer eindringlich.
Denn ob der Schnuller mit Honig oder die Chips beim Computerspiel - Ernährung ist zum großen Teil Erziehungssache. „Aber auch Werbung und bunte Supermarktregale verändern Essgewohnheiten“, ergänzt Ralf Lorenz von der Krankenkasse KKH. Hinzu kommt Bewegungsmangel. „Wenn ich höre, dass bereits gefordert wird, am Kindergarten den Computer einzuführen, werd’ ich ärgerlich“, so Thomas Erler. „Das schränkt den natürlichen Bewegungstrieb noch mehr ein“. Christian Seifert fordert, jeden?Tag Sport treiben: „Hier bieten sich Vereine an. Und Sport muss Spaß machen!“
Gesunde Ernährung
„Ein Problem ist, dass Dick-werden als Krankheit nicht weh tut“, meint Ralf Lorenz von der KKH. „Das haben die Krankenkassen lange unterschätzt. Wir haben schon viele gute Angebote, aber noch immer zu wenig spezielle Programme. Allerdings wissen auch wir, wo gute Ernährungsberater sitzen“.
Diese führen durch den riesigen Dschungel an Lebensmitteln und diversen Ernährungstheorien, die sich laufend ändern. ACE-Säfte sind inzwischen wegen der gefährlichen Wirkung des künstlichen Vitamins A nicht empfohlen, Milch wird nicht von jedem vertragen, Margarine kann durch Transfettsäuren die Gefäße beschädigen. „Je komplizierter die Wörter sind, die auf der Zutatenliste stehen, desto eher würde ich die Packung zurückstellen“, rät Ernährungsberaterin Dana Liebenau von der Reha-Vita.
Ihr Tipp ist Vollkornbrot, Butter, fettarme Wurst und viel Obst und Gemüse. „Zum Mittag sollte man den Salat als erstes essen, beim Abendbrot dann die Kohlenhydrate reduzieren. Doch am Ende macht die Dosis das Gift“, so Dana Liebenau. Der Tages-kalorienhaushalt muss stimmen - wer mehr Energie zu sich nimmt, als er verbraucht, wird dick.
„Oft ist gesunde Ernährung auch ein ökonomisches Thema, sind doch gesunde Lebensmittel in Deutschland deutlich teuer“,
weiß Christian Seifert aus Erfahrung. „Eine Flasche Wasser ist noch immer günstiger als eine Cola“, entgegnet Arzt Thomas Erler. Eine rege Diskussion entspannt sich hinterher.

Gute Tipps zur gesunden Ernährung gab es auf dem PolitPiano-Podium von Ralf Lorenz, Landesgeschäftsführer der KKH, RehaVita-Geschäftsführer Christian Seifert, Ernährungsberaterin Dana Liebenau und Dr. Thomas Erler, Chefarzt der Cottbuser Kinderklinik

Gute Tipps zur gesunden Ernährung gab es auf dem PolitPiano-Podium von Ralf Lorenz, Landesgeschäftsführer der KKH, RehaVita-Geschäftsführer Christian Seifert, Ernährungsberaterin Dana Liebenau und Dr. Thomas Erler, Chefarzt der Cottbuser Kinderklinik Foto: Stephan Pönack

zurück...