Cottbus.
Jetzt müssen wir noch sehen, ob das Teil auch schwimmt
auf der Spree, witzelt Ausstatter Bernd Franke am Ende der
erfolgreichen Generalprobe. Sein Bauwerk ist wahrlich nicht alltäglich
in der Opernwelt.
Einmal mehr wird in Cottbus die Not zur Tugend. Das
Große Haus schmückt sich zum 100-jährigen Geburtstag,
derweil ist ein trister Polizei-Kultursaal Spielstätte. Wie
das Inszenierungsteam um Regisseur Wolfgang Lachnitt und Musikchefin
Judith Kubitz die holländische Werft da drinnen tönen
lassen, versetzt das Publikum ab heute Abend (Premiere 19.30 Uhr)
mit Sicherheit in Verzückung.
Der Saal ist gedrittelt. Wo an einer Schmalseite eigentlich vorn
ist, spielt jetzt seitlich vom Publikum das Orchester. Der immer
noch sehr lange verbleibende Raum ist längs geteilt. Eine
23 Meter lange Schiffs-Baustelle und die fast ebenso lange Publikumstraverse
stehen sich gegenüber. Ganz nahe, ganz steil, ganz intim.
Wie Kammertheater, trotz aller Größe. Die Hallenfenster
sind nicht verhängt. Manchmal rangieren draußen im
Parkplatzdunkel Autos. Nachtleben auf einer Werft halt.
Lortzings Zar und Zimmermann verträgt soviel
Alltagsnähe. Volksszenen haben Gewicht im Stück, werden
von einem spielfreudigen, erstklassig einstudierten Chor (Einstudierung
Christian Möbius) raumfüllend umgesetzt. 42 Männer
und Frauen klettern zugleich auf das deckenhohe, natürlich
TÜV-geprüfte Gerüst, nahezu hundert Füße
klappern den abschließenden Holzschuhtanz (Choreographie
Anna Lisa Canton).
Akustisch erwies sich das Experiment schon bei der Generalprobe
als gelungen, die Optik und der weite Spielraum machen den Klassiker
zum einzigartigen Erlebnis. Albert Lortzing wird solch ein Konzept
allemal gerecht. Der Komponist war ja eigentlich Schauspieler
und auch Sänger und hat bei der Uraufführung selbst
den Zar gegeben. Darin war er wohl nicht so überzeugend,
denn erst spätere Inszenierungen verhalfen der Komischen
Oper zum Durchbruch. Sie bezieht sich auf die historische Tatsache
des
anonymen Zimmermannsaufenthaltes von Peter I. in Holland. Lortzing
hat die Rahmenhandlung mit Arien aufgefüllt, die eigentlich
da nicht hingehören, aber eben schön sind. Und das dürfen
Cottbuser Opernfreunde nun genießen.
Bei der heutigen Premiere wird Volker Maria Rabe (alternierend
Andreas Jäpel) den russischen Zaren singen, Dirk Kleinke
den verliebten Gesellen, der über beide Ohren in die schöne
Marie (heute Anne Hofmann, alternierend Cornelia Zink) verknallt
ist. Als deren Onkel, Bürgermeister von Bett, die eigentliche
Zentralfigur des Werkes, tritt Dario Süß (Sohn des
DDR-Fernsehlieblings Rainer Süß) auf (wechselnd mit
Tillmann Rönnebeck). Matthias Bleidorn und Robert England
sind die ausländischen Gesandten, Carola Fischer singt die
Meisterin. Und endlich an seinem Traumziel: Auch Schauspieler
Wolfgang Kaul, der immer schon zur Oper wollte, bekommt als russischer
Gesandter seine gesangliche Aufgabe. Heil sei dem Tag...
sagen da hoffentlich die Premierengäste...
|
|