Cottbus
(gg). Über dem Presse-Café DoppelDeck steht der
Vollmond und drinnen ertönt Wolfsgeheul vom Band. Jana Schellenberg,
Forstwirtin und seit 2004 im Kontaktbüro Wolfsregion in Rietschen
aktiv, ist vortragserprobt und doch das erste Mal in Cottbus zu
Gast mit ihren Filmen, Bildern und eben auch mit dem schaurig-schönen
Tondokument.
Wölfin nordwärts
Seitdem im letzten Februar die erste Wölfin in Brandenburg
zwischen Bad Muskau und der A 15 Revier genommen hat, häufen
sich auch hier die widersprüchlichen Meldungen, sagt
die 28-Jährige, die selbst Jägerin ist. Naturfreunde
sind begeistert, Jäger teilweise verärgert über
den neuen Jagd-Konkurrenten im Revier. Dazwischen versucht sie
zu vermitteln.
50 000 Euro im Jahr lässt sich Sachsen das Wolfsmanagement
mit Aufklärung und Flyern schon kosten, jetzt setzt auch
der Landkreis Spree-Neiße auf die Wolfsexperten aus Rietschen
und Spreewitz. Denn zunächst sollen die Wölfe besser
erforscht werden. Monitoring heisst das und ist nicht so einfach:
Ein Versuch, zwei Jungwölfe zu fangen um sie zu besendern,
scheiterte in dieser Woche an der Vorsicht der Tiere. Insgesamt
sechs Wölfe sollen ihre Wege und Lebensgewohnheiten per Funk
verraten. Und: Ihre Zahl ist entgegen anders lautenden Meldungen
relativ gut bekannt: Zirka 20 Wölfe leben in zwei Familienrudeln
um Neustadt und um Muskau, zwei Einzelgänger jeweils nördlich
und südlich dieser Kerngebiete. Es sind die einzigen Rudel
in Deutschland.
Zurück zuhause
In Brandenburg finden sie ideale Bedingungen: Dichte Wälder
mit hoher Wilddichte. Auch Gebiete rund um Cottbus sind prädestiniert:
Die Lieberoser Heide zum Beispiel, aber, so Schellenberg: Ein
Wolfsrudel benötigt in Abhängigkeit von der Beutetierdichte
rund 300 Quadratkilometer Revier - deshalb ist ihre Ausbreitung
natürlich beschränkt!
Die Angst vor dem Rotkäppchen-Killer abzubauen
- das ist Ausdauerarbeit. Früher war der Wolf direkter
Nahrungskonkurrent - er wurde als Ziegen- und Schafräuber
zur existenziellen Bedrohung der Bauern und zum Sinnbild alles
Bösen, berichtet Jana Schellenberg aus der Entstehungszeit
der Grimmschen Schreckensbilder. Heute greift er im Wildbestand
regulierend ein und erobert sich seine Stellung im Wald zurück.
Er selektiert dabei die kranken und schwachen Tiere - effizienter
als es Jäger je könnten!
Vor- und Einsicht hilft
Dass er auch Schafe und Ziegen holt, könne man verhindern,
sagt die Forstwirtin, 90 Zentimeter Elektrozaun schon gelten als
wolfssicher. Und: Menschen stehen auf wölfischen Speiseplänen
nun gar nicht. Wenn sie Ihnen begegnen, dann genießen
sie den seltenen Anblick und geben sich zu erkennen - der Wolf
kann sich dann zurückziehen!, ermuntert sie, denn für
mehr Nähe ist der Respekt des Tieres vor dem Menschen zu
groß. Anders bei Fahrzeugen: Hier bekommt das Wildtier keine
menschliche Witterung und kann aus geringerer Distanz beobachtet
werden.
Für alle Fragen hat Jana Schellenberg eine Antwort - Jungtiere
verhalten sich anders als erwachsene Tiere, Rehwild steht ganz
oben im Speiseplan, bis zu 50 km/h können Wölfe sprinten.
Bis tief in den Abend gibt sie Auskunft: Wieder wird klar: Der
Wolf braucht kein Kontaktbüro, wohl aber der Mensch!
|
|