Cottbus
(GHZ). Dieses Bühnenzimmer ist so hell, dass auch der Zuschauerraum
bis zum letzten Platz hin ausgeleuchtet bleibt. Ein schmerzhaft-unheilvoll
transparenter Raum mit Bett, Diwan, und weißen Korbmöbeln
bleibt grell selbst nach der Aufforderung Mach die Läden
zu!; es bleibt viel zu hell. Nichts lässt sich verbergen,
nicht der leiseste Schatten der im Grunde sowieso schwarzen Seelen.
Wütende Wahrheiten entfesseln sich aus diesem System
Heuchelei, aus dem Brick nur zwei Auswege sieht: Tod der
eine, Schnaps der andere.
Bettina Jahnke hat Die Katze auf dem heißen Blechdach
inszeniert, jene amerikanische Tragödie, die wir in den 1970-er
Jahren wegen gewagter Erotik als Kinofilm sehenswert fanden. Die
tiefe Geschichte von Tennesee Williams, der mit ihr 1955 den Pulitzer-Preis
bekam, hat kaum jemand in Erinnerung.
Da ist sie nun mit voller Wucht auf der Cottbuser Bühne.
Es ist keine leichte Kost. Sie hat Bedrückendes, weil sie
unverschämt privat daherkommt, wie ein Konflikt aus irgendeiner
Familie. Zugespitzt zwar, aber heutig, weil sie ganz nah herankommt
an die dünne Haut. Bigg Daddy, der Großvater also,
hat Geburtstag und ist todkrank. Aber das sind, seelisch, auch
andere Mitglieder der Familie und so gelingt es nicht, dem Mann,
der nochmal ausbrechen, endlich mal nicht heucheln möchte,
die harmlose Diagnose vorzuspielen. Hans-Peter Jantzen ist dieser
weiche Grobian. Er dominiert die Bühne mit einer Figur, die
restlos überzeugt. Auch im Kontrast mit dem stoisch hindösenden
Brick, dessen Gesten so knapp bemessen sind wie seine Worte. Kai
Börner schleudert Kurzsätze wie Peitschenhiebe gegen
den Vater, aber auch gegen Margaret, seine Frau, deren unermüdliches
Werben seiner Trauer um den toten, geliebten Freund unerträglich
wird.
Banale Anlässe lassen Hass ausbrechen, der lange gestaut
ist im geheuchelten Farmerglück, dessen Nachlassregelung
nur Formsache schien.
Ein wenig träge kommt die Katze aufs Dach. Susann
Thiede als Margaret monologisiert allzulange im ersten Teil. Dann,
nach der Pause, ist eigentlich schon alles gesagt. In Nebenrollen
bleiben Wolf-Dieter Lingk (Doktor) und Thomas Harms (Pfarrer)
vollkommen unterfordert, während Christine Höfler und
Jan Krawczyk das spiessige Paar genau typisieren. Trippelnd und
dabei nichts verstehend gibt Gabrielle Lohmar die Big Mama, den
Suff des Sohnes bagatellisierend, die Ausbrüche des Mannes
überhörend, stets bereit, aus Über-Mütterlichem
Antrieb das System Heuchelei neu zu installieren. Ohne ist Leben
kaum möglich.
Offener Ausgang, viel Applaus für ein sehenswertes Stück,
das Gundula Martin (Ausstattung) bis zum Ende hell bleiben ließ.
Ganz waren die Abgründe dennoch nicht auszuleuchten. J.H.
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Verletzen sich mit Wahrheiten: Big Daddy (Hans-Peter Jantzen) und
Brick (Kai Börner) Foto: Marlies Kross |