Cottbus
(sp). Eine Aufgabe zu leben - ein Grundsatz, den Bernhard
Vogel ganz gut charakterisiert. Der Politiker, seit 40 Jahren
im Dienst zeigte sich mit seinem Wirken im Gespräch
mit Gabi Grube im PolitPiano ganz zufrieden.
Er habe sich nie direkt vorgenommen etwas zu werden,
sich jedoch immer seinen anvertrauten Aufgaben gestellt und ist
so einer der bekanntesten und geachtesten Politiker Deutschlands
geworden.
Angefangen hat seine Karriere als Stadtrat und wie im Lauffeuer
ging es nach oben zum vorläufigen Höhepunkt: Die Stelle
des rheinlandpfälzischen Ministerpräsidenten. Es
hätte aber auch etwas ganz anderes sein können
merkt Bernhard Vogel an, auf seine Ambitionen angesprochen.
Vorbilder
Sein Bruder, erfolgreich als SPD Vorsitzender und später
sogar Kanzlerkandidat, hatte Cottbus bereits im letzten Jahr besucht.
Wie es zu so zwei unterschiedlichen politischen Ansichten gekommen
sei, wäre unspektakulärer als gedacht, meint der jüngere
der beiden: Mein Bruder war Soldat und nach dem Krieg von
SPD und Kurt Schumacher fasziniert. Ich kam sieben Jahre später
- mein Vorbild war Konrad Adenauer als erster Kanzler der Republik.
Und natürlich gab es harte Auseinandersetzungen, heute fielen
sie nicht mehr so inteniv aus. Nur einmal hingen ihre Köpfe
bei einem Wahlkampf nebeneinander: 1983, als gleichzeitig Bundes-
und Landtag gewählt wurde.
Deutsche Fragen
Geradezu vorherbestimmt ist Bernhard Vogel für Fragen zur
(inneren) deutschen Einheit. Als einziger Politiker war er Ministerpräsident
zweier deutscher Bundesländer - Ost wie West.
Überhaupt: Ostdeutschland sei ein Begriff, den er nicht gern
verwende. Auch Neue Länder stimme nicht ganz,
denn: Die meisten Länder hier im Osten sind viel älter
als die neugeschaffenen Bindestrich-Gebilde im Westen, wie es
z.B. Rheinland-Pfalz ist. Sein Vorzugsbegriff - auch ein
Behelf - ist Junge Länder.
Zum Verhältnis Ost-West gibt es viel zu sagen - Schön,
dass jetzt die Grenzen schwinden, die Menschen müssten nur
etwas dankbarer sein: Die im Westen, dass die Ostdeutschen so
friedlich die Diktatur besiegt haben, und andersherum sollten
sie dankbar sein, dass erhebliche Geldmittel zum Aufbau geflossen
sind. Ich denke, dass kein Volk diese Transaktionen besser hinbekommen
hätte.
Schwerer Neustart
1992 kam Vogel auf Bitten der Thüringer CDU in die jungen
Länder. Wenn wir damals gewusst hätten,
wie schlimm es um die ostdeutsche Wirtschaft steht - ich hätte
mich vielleicht nicht darauf eingelassen. Er kam in ein
Land, das kaum auf gewachsene Strukturen zurück-blicken konnte.
Ministerien haben sich an völlig unterschiedlichen Modellen
orientiert: Ich war ja schon glücklich, wenn überhaupt
eine Richtschnur für etwas extistierte - aber mehr als die
Erfahrung am Regieren brachte ich nicht mit, eher ein Himmelfahrtskommando:
Ich kannte drei Leute und ein paar schöne Schlösser.
Es habe zwar ein Ministerium für deutsch-deutsche Fragen
gegeben, nicht aber eines für die Antworten, witzelt er.
Insgesamt ist er erfolgreiche 11 Jahre geblieben. Hier habe er
gelernt, in einem Kabinett statt Juristen und Lehrern einmal ein
Kabinett aus Tierärzten, Physikern und Chemikern zu bilden
- dieses steht symptomatisch für den Neuanfang nicht nur
in Thüringen.
Und eine Angleichung wäre wünschenswert - ein paar Quer-einsteiger
stünden den westdeutschen Parlamenten, ein paar mehr Lehrer
von Erfurt bis Potsdam sicherlich nicht schlecht.
Aber auch die Weltmeisterschaft hat die Deutschen ein Stück
weit geeint. Zuviel ist ihm das nicht: Ich bin gern Deutscher,
aber ebenso wie ein Franzose auch gern Franzose ist meint
Vogel zum Thema Patriotismus.
Ordensträger
Ganz gelassen kommen die Antworten, bei den Sachfragen schwingt
aber die Leidenschaft in der Stimme mit, meist mit einem Schmunzeln
auf den Lippen. Bereits 1983 wurde Bernhard Vogel Ritter
des Ordens wider den tierischen Ernst, der einmal im Jahr
vom Aachener Karnevalsverein an Personen vergeben wird, die Humor
im Amt bewiesen haben.
Auf die Frage, ob auch Kanzlerin Angela Merkel einen solchen Orden
verdiene, antwortet er: Nunja, Kanzlerin ist sie wohl noch
besser als Humoristin - ein Satz, den nur jemand sagen kann,
der selbst genug Humor besitzt. Fragen aus dem Publikum zielten
vor allem auf aktuelle Bundespolitik, aber auch auf die beunruhigende
Situation in Israel. Es gab herzlichen Applaus.
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