Cottbus
(gg). Die Zahl von 380 000 Brandenburger Schülern ist in
den letzten 13 Jahren auf 240 000 zusammengeschrumpft, 60 Prozent
der Schulen müssen deswegen geschlossen werden - diese Vorzeichen,
aber auch die Ergebnisse der PISA-Studien bestimmen die Diskussion
um die jetzt anstehende Reform des Bildungsgesetzes. Ab 2007 soll
es gelten und es sieht einige Änderungen vor, die im PolitPiano-Talk
mit Ingo Senftleben, CDU-Landtagsabgeordneter, unter anwesenden
Lehrern und Schülern gleichermaßen auf Zustimmung stoßen:
Für den Besuch des Gymnasiums ist künftig nicht nur
der Notendurchschnitt entscheidend, geplant ist auch ein landesweit
einheitlicher Test. Die Weiterbildung der Lehrer soll verstärkt
werden, Ganztagsschulen werden personell und finanziell besser
gestellt.
Jede Schule muss künftig ihr Profil im Internet darstellen
- Eltern und Schüler sollen hier erfahren, welcher Unterricht
und welche AGs angeboten werden.
Das Abitur wird künftig in 12 Jahren absolviert, Benotungen
gibt es schon ab Klasse 2 und die Rückkehr der Kopfnoten
steht bevor.
Doch, wie sich Kinder entwickeln, entscheidet sich früher,
wird bei der Diskussion im Doppeldeck deutlich.
Ärzte können schon anhand der elterlichen Fürsorge
während der ersten Lebensjahre erkennen, welche Bildungschancen
ein Kind haben wird - wenn sie mit sieben Jahren in die Schule
kommen, sind die Weichen oft schon gestellt, beklagt Ingo
Senftleben die fehlende Begleitung der frühkindlichen Entwicklungsphasen.
Bereits in der Kita soll nun geprüft werden, ob ein Kind
sprachlich für die Schule geeignet ist oder zusätzliche
Förderung benötigt.
Erzieher sollten sich daran erinnern, dass die Kleinsten
soziales Verhalten schon in der Kita lernen müssen, dass
sie Förderung und Ziele brauchen, beklagt ein Lehrer.
Und: Wie schon oft bei solchen Diskussionen ist fehlende gesellschaftliche
Anerkennung für Lehrer ein Thema. Dass erreichen auch
Lehrer nur durch eigene Kompetenz und Autorität, wird
aus dem Publikum gekontert. Auch Lehrpläne ließen Gestaltungsspielräume
für anregende Themen, ist man sich einig. Dass die Ungleichbehandlung
der Lehrer in vier mehr oder weniger verbeamteten Klassen keine
gute Motivation ist, sei wohl richtig, aber wegen der Rechte der
Lehrer mittelfristig wohl nicht zu ändern. Dann ändert
die Gesetze, die das zulassen, fordert das Publikum provokativ.
Ingo Senftleben notiert sich die wichtigsten Anregungen eifrig
in ein blaues Buch, dass er seit März auf der Schultour
fortschreibt.
Dass Brandenburg zu wenig Geld für Bildung ausgäbe,
will der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion nicht als
alleinigen Grund für Defizite gelten lassen: Sachsen
gibt nicht wesentlich mehr aus und steht besser da als wir - es
liegt am System und nicht nur am Geld! Mit dem Modell der
Oberschulen hat Brandenburg da schon abgeguckt. Den
klammen Brandenburger Kassen sind 16 Prozent Mehrausgaben für
Bildung abgerungen worden, mehr sei nicht drin, sagt der CDU-Mann.
Und: Lehrer werden bald wieder gebraucht, ab 2011 müssen
jährlich 1200 neue in Brandenburg eingestellt werden.
|
Im Gespräch
mit Lehrern, Sozialarbeitern und Schülern: Ingo Senftleben
hinterfragt in ganz Brandenburg die Ideen für die Bildungsreform:
Lieber vorher reden, und dann die richtigen Weichen stellen,
meint er. seit 1990 hat Brandenburg 16 Schulgesetzesnovellen verkraften
müssen Foto:
S. Poenack |