Cottbus
(h). Die kleine Gaststätte am Westportal (Media-Markt-Seite)
des Lausitzparkes lädt zum schnellen Mittag ein. Der Bistrostil
verspricht flotte Bedienung, die Preise sind entsprechend. Zweineunzig
das Stammessen (Fischstäbchen, Gyrosgeschnetzeltes, Bratwurst
mit Sauerkohl), Gourmetbockwurst einsdreißig. Sattwerden
zwischen Schuhanprobe und Möbelkauf.
Lange schon gibts diese Bistroecke am Westportal, nicht
lange aber betreibt sie ein Mann, der Kult ist in Cottbuser Küchen.
Im HdA (Haus der NVA), dann in den Stadtsälen diente er sich
nach oben, unvergessen geprägt hat er über mehr als
ein Jahrzehnt das Gastmahl des Meeres in der Marktstraße.
Da lief damals DDR-Spitzen-gastronomie, und die Menschen habens
genossen: immer lange Warteschlangen vorm Lokal, lukullische Weltreisen
am Abend mit feinsten Menüs und exklusivem Kulturprogramm
dabei. Lang, lang ists her.
Lange Schlangen - davon träumt Harri Pichel, von dem die
Rede ist, ebenso wie die anderen 582 (!) Gastrobetreiber, die
aktuell allein in Cottbus zugelassen sind.
Aber der Chef der Lausitzer Kochstube klagt nicht. Immerhin acht
Mitarbeiter hat er vom Vorgänger übernommen. Mein
alter Sinn für soziale Verpflichtung, sagt er und lobt
zugleich das Engagement der jungen Leute. Mittags geht das Geschäft
gut, nachmittags und abends ist Stille. Mit Kuchen zum Vesper
ist da allein nichts zu machen.
Rezeptdiskussion
Auch - aber nicht nur - deshalb hat Harri Pichel zur Rezeptdis-kussion
aufgerufen. Das Prinzip ist einfach: Gäste erzählen,
wie Oma einst was zubereitet hat, und in der Kochstube wird es
nachgekocht und serviert.
Besonderes Anliegen sind dem einstigen Fischkoch die
regionalen Anekdötchen rund ums Kochen und Backen.
Sein öffentliches Abwesendsein vom Kochgeschäft hatte
unter anderem damit zu tun, dass er nicht nur Material über
1 000 (!) einstige Cottbuser Lokale zusammentrug, sondern auch
mit dem Erarbeiten eines Wörterbuches der lokalen Sprache,
die ja nicht unwesentlich vom Berlinschen und vom Wendischen beeinflusst
ist.
Tricks und Kniffe will Harri Pichel irgendwann öffentlich
präsentieren - ob in der Lausitzer Kochstube am Lausitzpark-Westportal
oder auf andere Art, steht in den Sternen. Aber vielleicht schnuppern
Sie schon mal vor Ort.
|