Cottbus
(gg). Die Fronten sind verhärtet im Streit um gerechte Ärztehonorare.
Auch im PolitPiano-Talk, spiegelte die Sitzordnung die Verhältnisse:
Dr. Peter Noack als stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes
der Kassenärztlichen Vereinigung des Landes sitzt zwischen
AOK-Brandenburg-Sprecher Jörg Trinogga und Orthopäde
Dr. Michael Schierack. Letzterer macht sich Luft, wie schon 20
000 am Tag zuvor bei der Berliner Protestdemo: Wir arbeiten
für die Patienten und erfahren ein halbes Jahr später,
dass wir das nicht bezahlt bekommen - an unserem Ehrenkodex zieht
man uns durch die Arena! Dr. Noack springt ihm bei: Dass
wir seit April die Honorarverteilung mit den Kassen gemeinsam
regeln müssen, schmeckt uns nicht. Und es bekommt Ärzten
und Patienten schlecht!
Die Anfeindungen der letzten Wochen gewohnt, beharrt AOK Sprecher
Trinogga darauf: Ehrlicher Weise müssen Sie auch sagen,
woher das Geld kommen soll! Durch Hartz IV und die wegbrechenden
Arbeitsverhältnisse fehlt Geld zum Verteilen - den Patienten
ist noch mehr Eigenleistung nicht aufzubürden!
Einig sind sich formal alle drei: Das Gesundheitssystem - eines,
von dem jeder Deutsche abhängt - ist nur noch für Insider
durchschaubar. Eine Situation, die Lobbyisten aus Pharmaindustrie
und Verbänden ausnutzen. Dabei scheint die Lösung so
einfach: Arzt stellt Rechnung, Patient bezahlt und bekommt das
Geld zurück. Lauthalses Lachen erntet Trinogga, als er darauf
kontert, dass das die meisten überfordern würde. Wahr
ist jedoch: Es würde die Kassen schnell an den Punkt bringen,
an dem über Leistungskürzungen nachgedacht werden müsste.
Bislang zahlen die Praxen diese Rechnungen aus ihrer Tasche. Eine
Medizinerin aus dem Publikum weiß: Allein in Cottbus stehen
vier Allgemeinärzte vor dem Aus, wenn wiederholt 30-40 Prozent
des erwarteten Honorars ausfallen.
Die Lausitz mit hoher Morbiditätsrate und wenigen
Ärzten ist besonders betroffen. Ein 2-Millionen Kreditprogramm
der Landesregierung für bedrohte Praxen begrüßt
Dr. Noack, erwartet aber schnelles Entgegenkommen der Kassen für
eine endgültige Lösung. Gelegenheit für Kunella-Chef
Lothar Parnitzke aus dem Publikum einzuhaken: Ich bekomme
nicht einmal Kredit mit Zinsen - der Protest scheint mir überzogen,
andere Unternehmer haben sich ebenfalls gegen widrige Umstände
am Markt zu behaupten! Dr. Michael Schierack stellt klar:
Freier Markt wäre uns lieb, aber wenn der Erlös
gedeckelt und nur ständig die Leistungen erhöht werden,
dann ist das wohl schlecht gemachte Planwirtschaft! Nur
11 Prozent der Landesgesundheitskosten fließen in die ambulante
Versorgung. Über einen Aufschlag ist bisher keine Einigung
erzielt worden. Schlichtungstermine sind für Anfang Februar
zwar vereinbart, aber Dr. Noack meint und erntet Applaus der zahlreichen
Ärzteschaft: Berlin war der Anfang - es wird einen
Flächenbrand in Deutschland geben!
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Die Ärzteschaft
übergibt im PolitPiano-Talk einen Umschlag mit hunderten
Patientenunterschriften an AOK-Sprecher Jörg Trinogga (re.).
Für weniger Bürokratie und eine direkte Abrechnung zwischen
Kasse und Patient würde KV-Vize Dr. Peter Noack (2.von re.)
auch in Kauf nehmen, dass seine Einrichtung überflüssig
wird. Zu wenig Ideen für die Konfliktlösung seitens
der AOK beklagt Dr. Michael Schierack (li.) als niedergelassener
Arzt
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