Cottbus
(GHZ). Nach mancherlei Turbulenzen im Jahr 2004, vor allem um
das Cottbuser Bürgermeisteramt, gab es kommunal zum Jahreswechsel
überwiegend positive Signale, am Schluß sogar eine
Bürgermeisterwahl. Sie erwies sich als Flop. Bleibt es aber
sonst beim Guten? Jürgen HEINRICH sprach mit Oberbürgermeisterin
Karin RÄTZEL.
Cottbus schrumpft weniger schnell. Sie wollen um
die Groß Gaglower, Gallinchener und Kiekebuscher kämpfen.
Glauben Sie im Ernst, daß das nötig wird?
K. RÄTZEL: Ich rechne damit, daß das angerufene
Verfassungsgericht die Anhörung der Bürger bemängelt.
Dann müßten die Einwohner nochmal abstimmen, wohin
sie wollen. Ja, ich würde um alle drei Gemeinden kämpfen,
weil sie längst gut integriert und auch im Stadtparlament
bestens vertreten sind. Über FDP und AUB sprechen die Ortsbürgermeister
mit in allen Angelegenheiten. Wir hatten die Orte ja deswegen
auch als Wahlbezirk zusammengehalten. Ob sie im Spree-Neiße-Kreis
ähnliche Beachtung fänden...?
Ein Kiekebuscher, Ulrich Obst, war auf SPD-Vorschlag
Ihr Bürgermeister-Kandidat. Er zog sich zurück. Haben
Sie Ersatz?
K. RÄTZEL: Der Vorgang ist ärgerlich, da bin
ich sauer über fehlende Offenheit und Professionalität.
Nein, Ersatz gibt es nicht. Es gibt einen anderen Weg. Frau Giesecke
geht ja per 21. Januar planmäßig in den Ruhestand.
Aus ihrem Bereich sind im Sozialamt durch die Arge und im Schulverwaltungsamt
durch Ausgliederung der Immobilien Aufgaben weggefallen. Es bleibt
mit diesen etwas ausgedünnten Ämtern sowie Jugendamt,
Kultur und Gesundheit genug übrig für ein Dezernat,
das Schulamtsleiter Berndt Weiße amtierend führen wird.
Die Kämmerei übernimmt Frau Tzschoppe, Kasse/Steuern,
Personal/Organisation und Recht kommen zu mir. So wird das gehen.
Wer ist Ihr 1. Stellvertreter?
K. RÄTZEL: Das ist nicht einfach. Dafür wird die
Befähigung zum höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst
bzw. das
II. juristische Staatsexamen
vorausgesetzt. Ich bemühe mich bei der Kommunalaufsicht um
eine
Ausnahmereglung - man wird sehen. Im Übrigen: Dieses Jahr
steht ohnehin eine Strukturuntersuchung für die Verwaltung
an, die wir extern vergeben. Ich will sehen, welche Erkenntnisse
das bringt.
Sie haben den Umzug von Vattenfall nach Cottbus als
die Sternstunde 2004 definiert. Was war dann der Rückzug
von ECE?
K. RÄTZEL: Die Chance, in die Innenstadtentwicklung mehr
Bewegung zu bekommen. Wir haben ja eine lebendige, schöne
Stadt. Und auch die Stadtpromenade wird gut.
Wie gehts dort weiter?
K. RÄTZEL: Es gibt ja vier potentielle Investoren, drei
mit neuen Vorstellungen, einer, der in die ECE-Pläne einsteigen
möchte. Am 20. Januar sind die Bieter-Gespräche im kleinen
Kreis. Dann wissen wir mehr.
Was heißt: kleiner Kreis?
K. RÄTZEL: Fachämter und die Vorsitzenden vom Bau-
und vom Wirtschaftsausschuß. Ich denke, wir können
uns vorher intern auf eine Strategie verständigen, damit
keine unnütze Zeit verstreicht. Gleich anschließend,
denke ich, sollten wir die Stadtverordneten informieren, und eventuell
machen wir sogar noch einen Bürgerentscheid. Ich will vollkommene
Transparenz.
Ist denn soviel Zeit?
K. RÄTZEL: Natürlich! Es ist Zeit, es ist Spielraum!
Alles andere ist dummes Gerede. Ich sehe auch immer noch die Back-steinschule
als schöne Eingangszone und wünsche mir im Sternchen
Hartmanns Eiscafé. Unsere Stadt mit einem Einkaufszentrum,
das alles, vor allem die Sprem und die Altstadt einschließt,
wird so schön, daß sich die weiteste Reise hierher
lohnt.
Gut. So schön wird aber leider, um ein anderes
Thema aufzugreifen, zur Zeit nicht Fußball gespielt in Cottbus...
K. RÄTZEL: ...wenn es mal um Fußball ginge und
nicht um persönliche Befindlichkeiten. In finanzieller Krise
ist die sportliche Krise nicht aufzuhalten. Der Abstieg in die
Regionalliga nähme allen derzeit Agierenden sowieso die Spielwiese.
Soll heißen:
K. RÄTZEL: Aus sich heraus fehlen dem Präsidium
und dem Verwaltungsrat Selbstheilungskräfte. Stabach spielt
als Angestellter keine Rolle, obwohl es manchmal scheint, er verkörpere
Präsidium und Verwaltungsrat in einem. Aus der Mitgliederversammlung
heraus muß die Führung neu benannt werden. Für
eine Übergangszeit stelle ich mir als Präsident den
Sparkassen-Vorstandsvorsitzenden Ulrich Lepsch vor, auch wenn
ich weiß, daß der damit nicht glücklich ist.
Aber ich brauche ein kompetentes Spitzengremium, das Status macht.
Vielleicht gibt es ja Reserven oder auch unbekannte Risiken im
Verein.
Mit der Formulierung ich brauche reflektieren
Sie auf Ihre künftige Führungsrolle im Verwaltungsrat
der Sparkasse, oder?
K. RÄTZEL: Richtig. Turnusmäßig übernehme
ich das Amt ab 21. Januar. Und damit große Verantwortung.
Die Sparkasse, das sollten wir wissen, verwaltet das Geld der
Cottbuser und der Menschen der Region. Und sie geht professionell
damit um. Auch und so- wieso im Falle FC Energie. Der Verein muß
also handeln; Entscheidungen auf Großsponsoren abzuschieben,
ist unwürdig.
Sportlich geht die Stadt das Schwimmhallenthema an.
Wie ist dort der Stand?
K. RÄTZEL: Hier gibt es ja ein Modell der privaten
Durchführung einer öffentlichen Investition mit entsprechenden
Regularien. Die Zeitschiene beginnt mit der Bewerbungsrunde am
4. Februar, dann kommen Angebote, Bietergespräche, Vergabeentscheidungen,
schließlich am 19. Juli der Zuschlag an den Investor, der
dann schon Baurecht hat und loslegen kann.
Mit dem Bau an einer Stelle, die Sie nicht favorisiert
hatten.
K. RÄTZEL: Ich hatte den Süden im Kopf, weil dort
mehr Leute wohnen. Aber gut, am alten Schwimmstadion wird das
Bad sich auch füllen. Hauptsache, wir bekommen acht 50-Meter-Bahnen
und die Chance für internationale Wettkämpfe. Wir haben
ja noch den Leistungsstützpunkt Schwimmen hier, und außerdem
kooperieren wir sehr gut mit dem Burger Spreewaldtourismus. Da
ist der Standort okay.
Zu Standort gehört in diesen Tagen
das Paarwort Schule. Montag gibt es die Sondersitzung der Stadtverordneten.
Hat Kahren eine Chance?
K. RÄTZEL: Nein, nicht als Schule. Das sollten die Abgeordneten,
verantwortungsvoll abwägend, erkennen. Das Land gibt uns
nur standortbezogen für die Ganztags-Oberschule in Sachsendorf
Fördermittel. Kahren läuft dann in drei Jahren aus.
Das Gebäude könnte ein sehr schönes Bürgerhaus
für den Ortsteil werden. Dafür setze ich mich gern ein.
Mit dem Ortsteilbürgermeister Torsten Leonhardt gab es dazu
schon einen Gedankenaustausch.
Danke für dieses Gespräch.
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Ortsbürgermeister
beim städtischen Neujahrsempfang in dieser Woche: Ulrich Günther
(Sielow), Horst Luttert (Skadow), Hans Rätzel (Branitz), Torsten
Leonhardt (2. Reihe, Kahren), Gunnar Burdack (davor, Willmersdorf),
Werner Regina (Merzdorf), Dieter Schulz (Groß Gaglow) - v.r.n.l.
Fotos: Hnr.
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