Manche Geschenke
darf man vor dem Auspacken sehen. Zum Beispiel die Skulptur, die
der Cottbuser Turmverein der Stadt zum 850. Geburtstag schenken
will.
Am Montag im 76. Künstlerstammtisch wurde sie schon einmal
in Form von Skizzen ausgepackt. Und obwohl einem geschenkten Gaul
bekanntlich aus praktischen und höflichen Gründen nicht
ins Maul zu schauen ist, tat man das. Oberbürgermeisterin
Karin Rätzel als oberste Vertreterin des Beschenkten hatte
sich mit dem zweiten Entwurf aus der Feder von Bildhauer Christian
Uhlig schon angefreundet: So wie er jetzt dargestellt ist,
strahlt er mehr Zuversicht und Aufbruch dar, als im ersten Entwurf,
bei dem er auf dem Hosenboden vor dem Rathaus landete, lobt
sie die Überarbeitung. Der favorisierte Standort allerdings
- das Rondell an der Lindenpforte - macht nicht nur ihr Kopfzerbrechen.
Als sie Bedenken äußert, Besuchergruppen könnten
hier das Denkmal wegen des Verkehrs nicht ausreichend würdigen,
erntet sie heftiges Kopfnicken von Gästeführer (und
im zweiten Leben selbst Postkutscher) Eberhard Fischer. Außerdem,
sagt er, ist für mich der Postillion ein stolzer preußischer
Recke mit geschwellter Brust!
Das wiederum hat der Turmverein gemeinsam mit dem Künstler
ganz anders gesehen. Vor allem soll er erheitern, zum Anfassen
und Fabulieren einladen, erklärt Turmvereinsvorsitzende
Gisela Roschlaub. Unter anderem deshalb habe man dem unbeschwerten,
witzigen Bildhauerentwurf den Vorzug gegenüber steifen preußischen
Standbildern gegeben. Über sich selbst lachen zu können,
meinen die Vereins-mitglieder, stünde den Cottbusern besser
als zuviel erzwungener und steingewordener
Optimis-mus.
So sieht es auch der Künstler, der aus Angermünde per
Telefonfernschaltung seine Intention schildert. Für
mich, sagt Christian Uhlig der interessiert zuhörenden
Runde aus kunst- und geschichtsinteressierten Cottbusern, ist
er nach langer Reise endlich in Cottbus angekommen. Strapazen
der Reise darf man ihm ansehen und viel Dynamik soll in seinem
Wesen liegen. Auch der Standort ist nicht einerlei für
die Idee. Andere Standplätze erfordern neues Nachdenken,
meint er und wünscht sich, Cottbus könnte sich auf seine
künstlerische Idee einlassen. Jeder sollte selbst seinen
Postkutscher darin sehen dürfen, ermutigt er. Das schließt
auch nicht aus, es ganz wie Hans-Joachim Schröpfer zu deuten,
der als Darsteller des Postkutschers zu vielen offiziellen Gelegenheiten
auftritt und fordert: Aufbruch, nicht das Ende des Weges
sollte die Intention des Postkutschers sein! Kunst bleibt
eben Betrachtungssache.
Alle Zeichen jedenfalls stehen günstig, daß der Postkutscher
im nächsten Jahr entweder Aufbruch oder Ankunft in Cottbus
darstellen kann. Für die Aufstellung an der Lindenpforte
spricht die Geschichte, denn bereits 1939 war hier eine solche
Skulptur geplant, was dann aber wegen der Kriegswirren nicht geschah.
Und diesmal drücken keine finanziellen Probleme. Dank einer
großzügigen Spende der Deutschen Post ist der Bronzeguß
bezahlbar. Anfang April soll der Ausschuß zur Vorbereitung
der 850-Jahr-Feier die Pläne absegnen. G. Grube
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