Mirko
Schubert entlockt dem Salonflügel Fly Me to the Moon.
Niemand mag das wörtlich nehmen; es sind ohnehin schon viel
zu wenig Menschen in Cottbus - die Hauptsorge von CWC-Chef Torsten
Kunze, dessen Wohnungen massenhaft leerstehen.
Erstaunlich gerade deshalb sein Optimismus: Cottbus habe exzellente
Rahmenbedingungen - beste Autobahnanbindung, BTU, Fachhochschule,
viel Kultur und Sport. Nur das Klima sei schlecht, Kunze empfindet
es als mittelstandsfeindlich, jedoch gebe es merkliche
Besserung, seit Oberbürgermeisterin Karin Rätzel die Politik
bestimmt.
Kunze übernahm die Gesellschaft nach Turbulenzen, die mit der
Klimakrise zu tun hatten. Zugleich wurde die inhaltliche Kursänderung
fällig. Nachdem die GWC ein Jahrzehnt mit jährlich etwa
100 Millionen D-Mark Investition Hauptarbeitgeber für das Bauhandwerk
war, ist dieser Part fast restlos gestrichen. Abriß heißt
das Gebot der Zeit, Rück-bau auch im Unternehmen selbst. Von
vormals 191 Mitarbeitern sind 136 geblieben; noch, schränkt
Kunze ein. Es wird weitere altersbedingte Abgänge geben.
Das moderne GWC-Management im Kunze-Stil setzt auf Dreieinigkeit
von Mieterbetreuer, Sozialmanager und technischem Gebäudemanager.
Der Mieter selbst soll nur mit dem Betreuer Kontakt haben und voll
umsorgt sein. Als Klientel sieht der Chef Leute unterer und mittlerer
Einkommensgruppen. Ein kommunales Unternehmen hat sich diesem
Segment zu stellen, muß eben auch für manchen die letzte
Bleibe sein. Der ehemalige Militär verrät sich mit
der Einteilung in Stabsbereiche: Controling, Marketing,
Revision. Außerdem gibt es speziell für die Phase des
Stadtumbaus das Umzugsmanagement.
Das Modell besteht seit 1. Januar 2004, nach vorn blickt man mit
Unternehmenskonzept bis 2013 - allerdings bei jährlichem neuen
Durchrechnen Wohnhaus für Wohnhaus. Kunze will klare
Striche ziehen, Unwirtschaftliches eliminieren.
Teilrückbauten
oder Plattenspiele, bei denen aus Abrissen neue Häuser gebastelt
werden, hält der Ökonom für blanken Blödsinn
und ruinös. Das seien Experimentierfelder für Architekten,
die derzeit aus altbundesdeutschen Transfer-Geldern nicht bezahlbar
sind. Die Defizite müssen wir vom Geld der Leute decken,
die in unsanierten Wohnungen leben müssen. Eine Besucherin
aus Sandow beklagte, daß ihr Hausflur in der Curt-Möbius-Straße
in 37 Jahren noch nicht einmal renoviert worden sei.
Ausschließlich Gewerbeansiedlung könne den Cottbusern
helfen, betonte Kunze immer wieder. Ideal wäre es, wenn auf
den Freiflächen in Sachsendorf, wo eben noch Plattenbauten
standen, jetzt Gewerbe entstünde. Die Lage in Autobahnnähe
sei gut, außerdem sind alle wichtigen Medien noch vorhanden.
Drei bis fünf Jahre könne man die Medien noch vorhalten.
Wenn sich dann nichts findet, muß auch im Tiefbau Abriß
stattfinden.
Der Gast
beantwortete zahlreiche Publikums-Fragen und hörte eine Menge
Anregungen.
Hintergrund:
Stadtumbau heißt ein deutschlandweites Phänomen
mit Zuspitzungen in Ostdeutschland. Wegzüge und Geburtendefizit
sorgen für Geisterstädte. Hoyerswerda ist am stärksten
betroffen, in Cottbus blutet vor allem Sachsendorf aus: seit 1995
ging die Einwohnerzahl dort um 44 Prozent zurück. Kern des
Umbaus ist der Abriß. Die GWC hat derzeit 22
000 Wohnungen im Bestand, nur etwas über 18 000 sind vermietet,
2 000 werden gegenwärtig vom Markt genommen.
Ähnlich verfährt die GWG als zweitgrößtes
Cottbuser Wohnungswirtschafts-Unternehmen. Cottbus hat in seinen
jetzigen Grenzen mit den zehn Eingemeindungen seit 1990 etwa 40
000 Einwohner verloren. Mittelfristig scheint ein weiterer Rückgang
um 25 000 auf etwa 80 000 möglich. Weder wohnungspolitisch
noch wohnungswirtschaftlich läßt sich der Trend aufhalten.
Lediglich die Ansiedlung von produzierender Wirtschaft könnte
eine Wende bewirken. Aus diesem Grunde ist die GWC Mitgesellschafter
der neuen Entwicklungs-Gesellschaft Cottbus (EGC) geworden, deren
Ziel Gewerbeansiedlungen sind - auch zum Beispiel auf durch Wohnungsabriß
freigewordenen, voll erschlossenen Stadtrandflächen.
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Unsere Investitionen sind jetzt so gering, daß ich mich
fast schäme, die Zahl zu sagen... Möglich, daß
sie auf dem Blatt steht, das Dr. Torsten Kunze hier Moderatorin
Gabi Grube zeigt. Von weniger als 300 000 Euro pro Jahr soll die
Rede sein. Es ist nicht die Zeit für neue Wohnungen, solange
zuviel alte rumstehen...
Brachte aus Kamenz Erfahrung im Entwickeln von Wohnstandorten mit,
promovierte zu wohnungswirtschaftlichem Thema: Torsten Kunze, seit
zwei Jahren Geschäftsführer der stadteigenen GWC |